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begründen hatte. Der königliche Schntz und reiche Schenkungen, der Eifer hervorragender
Bischöfe für Wissenschaft und Kunst, der dauernde Friede, dessen das ganze Comitat sich
unter den Arpäden und Aujous erfreuen durfte, wirkten bei der Entwicklung der Stadt
zusammen. Bonfin scheint nicht zu übertreiben, wenn er sie opulsntissiina civitas (sehr
reiche Stadt) nennt. Die Könige besuchten sie gerne und unterhielten und beriethen sich
mit den Kircheufürsteu, die sie oft zu Rathgebern in auswärtigen Angelegenheiten, zu
Friedensstiftern und Brautwerbern erkoren. Der Überlieferung nach waren Stefan der
Heilige und sein Sohn in Fünfkirchen, uud hier wurde auch dem leichtsinnigen Salomon
die schwankende Krone aufgesetzt. Hier pflauzt Ludwig der Große mit schwertgewohnter
Hand einen Oelbanm, der zweihundert Jahre lang Blüten und Früchte trägt, um dann,
am Tage von Mohärs, vor Blut uud Feuer zu verdorren. Hier schlägt Sigismnnd mit
blutiger Hand seine Feinde zu Bodeu uud läßt sie viertheileu. Hier ehrt der ruhmvolle
Geist Matthias' dieMuse im bischöflichenDichter von Fünfkirchen; hierher zieht sich Johann
Corvin mit seinen Enttäuschungen zurück und läßt sich von seinen guten Freunden dessen
berauben, was der Feind ihm noch gelassen; hier ist der arme Wladislaw Gast des reichen
Sigismuud Hampö, der Schätze zusammenscharrt, um sie später für die Befreiung seines
Vaterlandes zu verschwenden. Hier sammelt Philipp More seine Studenten und führt
sie nach Mohäcs, dem Grabe zu. Und damit sind die Jahrhunderte des Friedens vorbei;
von da an wird die Geschichte Fünskirchens mit Blut uud Ruß geschrieben. Der Türke
setzt sich hier fest, fester als iu Ofen, uud vertheidigt es bis aufs Blut, nicht minder
entschlossen als Ofen. Er weiß wohl, warnm, denn nach gleichzeitigen Briefen gibt es
hier zu jener Zeit über 2000 Kaufladen. Dann läßt er es verödet liegeu, ohne es jedoch
erschöpfen zu können; schon nach zwanzig Jahren (1704) finden die Knrutzeu geuug zu
brandschatzen; Pistolen, Kalpags, Csizmen, Mäntel, Alles gleich viertausendfach; und für
die Offiziere Scharlachleder, Pardel- und Wolfsfelle, überdies 50.000 Gulden. Das
Alles fordern sie von Füuskirchen, und da die Stadt weder das, «och sich selbst ausliefern
kann, besetzen sie dieselbe. Nach sechs Wochen werden sie durch Herbersteiu vertrieben, dessen
Soldateska aber sengt und mordet, was uoch der Türke übrig gelassen und der Knrntze
geschont hat. Und was da nicht verblutete, das wurde vier Jahre später von der Pest
hinweggerafft. Was 500 Friedensjahre geschaffen, wnrde durch 200jährigen Mord uud
Brand vernichtet.
Doch Fünfkirchen ging nicht uuter. Nerzes piokunäo, pulduior overut (Versenke
es in die Tiefe, schöner taucht es wieder auf), sagt Horaz von Rom — und es paßt auch
auf Fünfkirchen.
Selbstverständlich haben Fünskirchens Bischöfe das größte Verdienst um seiu Empor-
kommen; in ihrer Reihe wechseln Heilige, Selige, Gelehrte, Diplomaten und Feldherren ab.
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (4), Volume 16
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Ungarn (4)
- Volume
- 16
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1896
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.18 x 21.71 cm
- Pages
- 616
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch