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die Deutschen an Feiertagen pelzbesetzte Sammtmützen. Längs der Donau sieht man häufig
Hüte mit breiteren Krämpen und bis unter das Kuie reichende, mit Flachknöpfen geschmückte
Pautalous.
In neuerer Zeit gehen nachgerade auch in der Volkstracht große Veränderungen
vor sich; die unterscheidenden Zeichen der verschiedenen Trachten verwischen sich immer
mehr; die Buuda, die früher im Sommer und Winter — und zwar im Sommer mit der
Pelzseite nach außen — getragen wurde, hört nach und nach auf, das Sinnbild der
anständigen Wohlhabenheit zu sein und wird nur noch gegen die Winterkälte umgenommen.
Überhaupt sind die Leute sehr geneigt, mit der Volkstracht zu brechen und sich zur
allgemeinen bürgerlichen Kleidnng zu bekehren. Vermögende Leute wollen jetzt nicht mehr
mit glänzenden Stiefeln, verschnürten Dolmanys und Silberkuöpfeu an den Westen
prunken, vielmehr beginnt der westeuropäische Schnitt in der männlichen Kleidung auch
auf dem flachen Lande vorznherrfchen.
Wie die Tracht, ist auch die Nahrung der Leute im Weißenburger Comitat gediegen,
dabei ihre Lebensweise vernünftig und systematisch. Die Wohnung ist rein und nett, der
Hausrath einfach, aber zweckmäßig. Ein rein gehaltenes, mit vielen Federkissen, sauberen
Überzügen und einer blanken Decke versehenes Bett, ein harthölzerner Schubladentisch mit
ebensolchen Sesseln, längs der Wand eine Bank mit Lehne, darüber ein langgestrecktes
Schüsselbrett, ein Schnbladenschrank oder „Almarium" (Hängekasten) und eine „Tulpen-
truhe", dazu die Uhr und etliche Bilder, ein Spiegel, Vorhänge, auf dem Schubladeu-
schrank eine Decke und ein paar Ziergläser, dann noch ein Rosmarin- oder Muskatstock,
das ist selbst in der schlichtesten Stube vorhanden, sowie selbst die einfachste Haushaltung
gut mit Tellern, Eßzeug, Kochgeräth und Küchengeschirr ausgerüstet ist. Vom Markte zu
leben ist schier ungebräuchlich; Haushalt und Lebensweise tragen durchaus den Charakter
des Eigenbaues. Von den wichtigsten Lebensmitteln wird der Vorrath für das ganze Jahr
angeschafft. Jedermann besitzt sein gemästetes Schwein oder mehrere, deren Schmalz,
Fleisch, Speck das Jahr hindurch vorhält. Die Weibsleute sind fleißig und ordnungsliebend.
Bei den landwirthfchaftlich Beschäftigten, ja selbst den Kleingewerbeleuten bearbeiten die
weiblichen Hausgenossen den Garten, die Hackfrüchte, zum Theil sogar den Weingarten.
Ihnen liegt es ob, das System im Haushalt aufrecht zu erhalten. Selbst der ärmste Mensch
ißt jeden Tag, und sogar zweimal, warme, gekochte Speisen, die wohl einfach, aber rein
uud schmackhaft zubereitet fiud. Fleisch wird, weun auch nicht jeden Tag, doch ein- oder
zweimal die Woche das ganze Jahr hindurch gegessen, und in der großen Arbeitszeit, die
Ernte hindurch, nährt man sich reichlicher mit Fleisch und Speck. Im Allgemeinen darf
man sagen, daß die Ernährungsweise besser und planmäßiger ist als in den meisten
Comitaten des Landes.
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (4), Volume 16
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Ungarn (4)
- Volume
- 16
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1896
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.18 x 21.71 cm
- Pages
- 616
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch