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Abhängen der Berge halten dieHexen um Mitternacht ihre Zusammenkünfte. Die männliche
Jugend des Dorfes pflegte einst an solche» Plätzen in Pech getanchte Besen anzuzünden,
sie nach allen Seiten zu schwingen und in die Lust zu werfen, um ans solche Weise dem
bösen Hexenspuk zu wehren. Die ansklärende Zeit hat diese Gebräuche der Vergessenheit
überantwortet.
Anch das S t . Johannis feuer , das noch vor wenigen Jahrzehnten auf den
Bergkuppen der Sudeten allenthalben brannte, wird immer seltener. Dieser Brauch
stammt aus der heidnischen Vorzeit, welche alle auf die Sonne bezüglichen Vorgänge festlich
beging, also auch den Tag der Sommersonnenwende. Alle Besen, welche im Laufe des
Jahres stumpf gekehrt worden, die Kränze und die dürrgewordenen Bäumchen" vom
Frohnleichnamsfest werden — wo der Brauch sich noch vorfindet — bei diesem Anlaß
ans dem Gipfel eines hochragenden Berges verbrannt. Burschen und Mädchen springen
paarweise und laut jauchzend über das Feuer uud ziehen dann — wenn die Glnth erloschen
— singend durch die schöne Frühlingsnacht nach Hause. Der Pfingstsestkreis ist überhaupt
viel weniger reich an besonderen Sitten und Gebräuchen; es dürfte nicht gefehlt sein zu
behaupten, der Grund liege darin, daß zu dieser Zeit die Leute allesammt viel mehr
beschäftigt sind und daß alsv die harte Tagesarbeit sie davon abzieht, träumerischen Dingen
nachzugehen. Das Korn reift der Sichel entgegen, im Garten und Weinberg gibt es so
Manches zu thun. Bald beginnt der „Schnitt". Während die Hausfrau im Hause selbst
sehr dringend beschäftigt ist, weilt der Bauer auf dem Felde und führt sorgsam den
Oberbefehl über die Schaar der Schnitter und Schnitterinnen, emsig bemüht, die Frucht
zu guter Zeit und trocken nach Hanse zu briugeu. Da gibt es manuigfachc Sorge, da
fliegt manch Stoßgebetlein zum Himmel empor, denn um diese Jahreszeit taucht oft ein
schwarzes Gewölke empor, das Unheil birgt in seinem Schoße. Ist darum die Erute
glücklich heimgebracht, so sühleu alle ihr Herz erleichtert und feiern freudigen Muthes
diesen Umstand durch das „Schnitter-" oder „Erntefest". Es ist ein allgemeines Fest, im
Norden und im Süden bekannt. Je reicher der Landwirth, desto größer das Fest. Eine
Musikbande holt die Arbeiter vom Felde. Im festlichen Anszng geht es dem heimatlichen
Dorfe zu, zuerst die Musik, dann die Schnitterinnen, von denen die zwei ältesten (manchmal
auch die zwei hübschesten) den „Erntekranz" tragen. Er ist aus volleu Ähren angefertigt
und reich mit wilden Blumen und Bändern geschmückt. Die anderen Mädchen und die Knechte
schreiten hinter den zweien einher, die ersteren mit Sicheln nnd Rechen, die letzteren
mit Sensen, zum Schlüsse kommt der Erutewageu mit der ihn vollauf erfüllende»
„letzten Fuhr", von den geschmückten Rossen gezogen. Zu Hause angelangt, übergeben die
Mädchen der Bäuerin den „Erntekranz" mit einem Sprüchlein. Hierauf werdeu die
Arbeiter bewirthet. Bei größeren Wirthschaften endigt das Fest mit einem Tanz in der
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Mähren und Schlesien, Volume 17
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Mähren und Schlesien
- Volume
- 17
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1897
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.42 x 21.88 cm
- Pages
- 750
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch