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Derartige Felsstücke, die durch Zauberfluch erstanden und Menschengebilden gleichen,
ersieht man auch nächst Trebitsch, wo aus Habsucht eine einst wohlthätige Altmutter zur
Raubmörderin ward und durch den Anblick eines von Flammen umhüllten Geistes zu
Stein erstarrte. Hierher gehört auch der versteinerte Brautzug an der böhmischen Grenze,
der auf dem Heimweg von der Kirche nach der Burg Lauka begriffen verflucht ward; der
Fuhrmannsstein uächst Ullersdorf, wo ein Knecht mit Roß und Wagen, da erstatt Getreide
uud Brot den Hungernden Steine zuführte, in Stein verwandelt wurde, und der
versteinerte Hirt bei Goldenstein (der Höhlenstein, auch Hirtenstein genannt), den seine
Schwester verfluchte, weil er sie an einen Wüstling auslieferte. In stürmischen Nächten
hört man dort ein gräßliches Jammern, und wenn die Glocken von Goldenstein läuten,
sickern Thränen aus dem Felsen.
In den Bereich sagenhaften Umherirrens nach dem Tode gehören die Sagen von
der wilden Jagd, so in Brünn vom Ritter Sembera von Boskovitz, der zur Sühne
seiner dem Minoritenkloster entrissenen Schenkung in dunklen Gewitternächten mit vier
schwarzen feuerschnaubenden Rossen durch die Stadt an der Minoritenkirche vorüber
fahren und sich in die Höhle des Obraner-Thales — das Sembera-Loch — stürzen
muß. Dann unweit Weißkirchen der Raubritter Rolf, welcher in zwölf Nächten als wilder
Jäger die Gegend zu durchstreifen und sein verfunkeues Schloß zu suchen verdammt ist;
desgleichen zu Jglau der Schwedenführer Oesterlein, welcher ohne Kopf in stürmischen
Herbstnächten auf feuersprühendem Rosse durch die Straßen der Stadt, und ein Schweden-
Oberst, welcher auf einem Hügel bei Schönberg als ruheloser Geist um die sogenannte
Schwedensäule nachts reiten muß; so auch der Ritter vou Wildeusteiu, der von einem
Jägertroß verfolgt hoch zu Roß zwischen Hof und Bautsch aus seinem wüsten Schlosse
den Nachtritt macht, schließlich der Ritter Tuukl von Hohenstadt.
Jedenfalls entstammt die wilde Jagd den altgermanischen Sagenstoffen vom
wüthenden Heer, das in Mähren durch die schlafenden Krieger im Radhost und im
Bnchlaner Berge vertreten ist, welche nach einer blutigen Schlacht erscheinen und ewigen
Frieden bringen werden, was auf den heidnischen Wodan, der ans die Entscheidungs-
schlacht wartet, Bezug hat. Diesem entspricht auch die Sage vom Markgrafen Gerstenkorn,
welcher an einem Flusse schläft, während sein Roß neben ihm weidet und sich durch nichts
aufschrecken läßt. Erst wenn Mähren vom Feinde bedrückt wird, setzt er sich auf seinen
Rappen und befreit das Vaterland.
Von Gestalten, welche durch zeitweises Erscheinen Glück oder Unglück ankündigen,
bezeichnet man die weiße Frau . Sie erscheint im Schloße Pernstein und Teltsch in einem
bis zur Erde reichende» weißen Talarkleide, und zwar bei Vorahnung fröhlicher Ereignisse
mit anhängendem Schlüsselbunde, bei traurigen aber in schwarzen Handschuhen; im ersteren
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Mähren und Schlesien, Volume 17
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Mähren und Schlesien
- Volume
- 17
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1897
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.42 x 21.88 cm
- Pages
- 750
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch