Page - 189 - in Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Mähren und Schlesien, Volume 17
Image of the Page - 189 -
Text of the Page - 189 -
189
„jungen Ausschuß" das „Recht" übergibt, begibt er sich für die Faschingstags seiner Amts-
wirksamkeit und überträgt diese an den Gesindeausschuß, Der Gemeindevorstand ermahnt
in einer angemessenen Ansprache den jungen Ausschuß, für Ordnung und gute Zucht in
der Gemeinde zu sorgen. Hierauf wird das Recht in feierlichem Umzüge aus dem Hause
des Gemeindevorstandes in das Wirthshaus getragen. Daselbst nimmt der Gesinde-
ausschuß hinter dem „Amtstische" Platz, oberhalb dessen das Recht in den Querbalken
gesteckt wird. Nun wird fleißig dem Tanze gehuldigt, welcher von Zeit zu Zeit durch ein
scherzhaftes Gericht unterbrochen wird. Es hat z. B. einer einem anderen etwas heimlich
zugesteckt und ihn dann vor „dem ehrsamen Recht" als Dieb verklagt. Ein anderer wurde
angezeigt, er habe von dem „löblichen Gemeindeausschuß" unziemlich geredet, das Recht
ohne Respect angeblickt u. s. w. Der Schuldige wird vorgeladen, die Gerichtsverhandlung
unter strenger Beobachtung aller Formalitäten gegen ihn durchgeführt und das Urtheil
an ihm sofort mit der Ferula vollstreckt.
Am Faschings-Montag und -Dienstag wird das Recht in feierlichem Umzüge unter
Musikbegleitung durchs Dorf getragen, in jedem Hause Halt gemacht, mit der Hausfrau
und den Haustöchtern getanzt und sodann Geld, Faschingskrapfen, Speck und Eier ein-
gesammelt.
Am Aschermittwoch wird das Recht im feierlichen Umzüge, jedoch ohne Mnfik zum
Gemeindevorstand zurückgetragen.
Am schwarzen Sonntag wird von der Dorfjugend die ^loi-kma (personisicirter
Tod und Winter) in der Gestalt einer weiblichen Puppe unter Absingung alterthümlicher
Lieder aus dem Dorfe getragen und ins Wasser geworfen und an ihrer Stelle „der junge
Sommer", dessen Symbol ein geschmücktes Tannenbäumchen ist, ins Dorf gebracht.
Am Sauet-Georgitag (24. April) werden die Feldmarken begangen. In mehrere
Gruppen getheilt, besichtigen die Ortsinsassen die Grenzsteine, und nachdem sie eonstatirt
haben, daß diese unverrückt sind, übertünchen sie sie mit frischem Kalk. In älterer Zeit
nahmen sie auch ihre Söhne im Alter von 12 bis 14 Jahren mit und strichen sie au den
Grenzsteinen mit Ruthen, damit sie sich deren Standort besser merkten.
Am Charfreitag vor Sonnenaufgang eilt Alles zum nächsten Flusse oder Bache
und wäscht sich daselbst unter Hersagung alterthümlicher Formeln uud Gebete, oder es
holt Jemand solches Wasser und alle Hausgenossen waschen sich damit unter freiem Himmel,
auf daß sie das ganze Jahr hindnrch frisch und gesund verbleiben. Wer das Wasser
holt, darf auf dem Hin- und Herwege kein Wort sprechen, weder Jemand grüßen, noch den
Gruß erwiedern; deswegen heißt es „das Schweigewasser". In manchen Gegenden laufeu
die Kuaben, nachdem sie ein Flußbad genommen, nackt in den Obstgarten uud schütteln
die Bäume, um sie dadurch zur reichlichen Obsternte zu vermögen. Auch das Vieh wird
back to the
book Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Mähren und Schlesien, Volume 17"
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Mähren und Schlesien, Volume 17
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Mähren und Schlesien
- Volume
- 17
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1897
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.42 x 21.88 cm
- Pages
- 750
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch