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Kiritein bei Brünn. Zu diesen reiht sich namentlich seit dem Jahre 1863, wo der Jahres-
tag der heiligen Landespatrone Cyrill und Method von dem 9. März auf den 5. Juli
verlegt wurde, auch Velehrad in der Nähe von Ungarisch-Hradisch mit seiner großartigen,
prächtig und geschmackvoll renovirten Wallfahrtskirche. Dahin wallen am genannten
Festtage und auch sonst in der Sommer- und Herbstzeit zahlreiche Processionen, besonders
aus der mährischen Slovakei in ihrer kleidsamen und buntfarbigen Volkstracht.
„Dreimal im Leben macht sich der Mensch in auffallender Weise bemerkbar", sagt
ein mährisches Sprichwort, „bei seiner Geburt, an seinem Hochzeitstag und wenn er aus
diesem Leben scheidet." Alle diese drei wichtigsten Momente des menschlichen Lebens
begleitet das Volk mit bedeutungsvollen Gebräuchen, von denen manche ans altheidnischer
Zeit herrühren.
Wochenbett und Geburt. Wenn die schwere Stunde des Weibes heraunaht, löst
man ihm an den Kleidern alle Knoten, öffnet alle Schränke und sperrt alle Schlösser auf,
um die Geburt zu erleichtern. Die Wöchnerin soll durch sechs Wochen nicht das Hans
verlassen, ja nicht einmal zur Thüre hinausschauen oder gar die Dachtraufe überschreiten.
In diesem Falle üben die abergläubischen Ansichten einen wohlthätigen Einfluß, dnrch sie
wird das schwache, hilfsbedürftige Weib vor Unbill und Verletzung geschützt. Geht die
Wöchnerin innerhalb der sechs Wochen aufs Feld, würde ein Gewitter entstehen nnd Hagel
die Feldfrüchte vernichten; das Gras würde verdorren, wenn sie es baarsüßig beträte. Käme
sie ins Wirthshaus, würde sofort Streit uud Rauferei unter den Anwesenden entstehen.
Während des Wochenbettes ist das Weib dämonischen Einflüssen ausgesetzt, nament-
lich suchen die „wilden Weiber" (ckive Zutritt zu ihr zu erlangen, um ihr das Kind
zu entwenden und ihren Wechselbalg unterzuschieben. Deswegen soll sie am Morgen bis
6 Uhr, zu Mittag von 11 bis 2 Uhr und vor Sonuennntergang im Bett sein, denn zu
jenen Zeiten haben die „wilden Weiber" die größte Macht.
Gleich nach der Geburt nimmt die Hebamme das Kind, wickelt es in eine Schürze,
legt es unter den Tisch und spricht: „Aus Erde siud wir geworden, zur Erde werden wir
zurückkehren, möge was Gutes aus dir werden." Dann gibt sie ihm einen leichten Streich,
„damit es gehorsam sei". Mit großer Sorgfalt bereitet dann die Hebamme dem neuen
Weltbürger das erste Bad. Dem Badewasscr wird etwas Weizen beigemengt, ein Geldstück
uud eine Hagebuttenrose oder Sperberbeeren hineingelegt als Symbol eines zukünftigen
guten Wirthes und wohlhabenden, gesunden und rothwangigen Menschen. Für den Knaben
gibt man außerdem Salz und Eisen dazu, auf daß er gescheidt und stark werde, für das
Mädchen Stroh, um seinen Haarwuchs zu fördern. Tag und Stnnde der Gebnrt ist
bedeutsam für die Zukunft des Kindes. Ein Sonntagskind wird sein Lebenlang glücklich
sein. Fällt znr Zeit der Gebnrt des Kindes gerade Schnee oder blühen die Bänme,
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Mähren und Schlesien, Volume 17
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Mähren und Schlesien
- Volume
- 17
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1897
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.42 x 21.88 cm
- Pages
- 750
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch