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der Hamm aber, an der mährisch-ungarischen Grenze trifft der Wanderer durchwegs nnr
armselige Hütten ans Holz und Lehm an, deren Bewohner den Schornstein noch heute
als Luxus betrachten und iu deren Stube man oft nicht anders als durch de» Viehstall
gelangt! Den Übergang zwischen diesen beiden Wohnweisen bildet das Wohnhaus des
Slovaken im Niederlande (an den Ufern der March). Ein ganz anderes Aussehen trägt
wieder das Holzhaus des Walachen und des westlichen Gebirgsbewohners.
Nicht minder auffallend ist der Gegensatz zwischen dem mährischen Mittellande und
den gebirgigen Grenzstreifen Mährens in Bezug auf die Ortsaulage: in der Marchebeue
der einheitliche, geschlossene Dorfplatz, — im Gebirge ringsherum das zwanglose System
des haufeuförmigen Dorfes oder gar der Einzelhöfe.
So hat die Verschiedenheit der Bodenbeschaffenheit nebst anderen Naturcinfliifsen
zugleich mit historischen und socialen Factoren zur Ausprägung des mährischen Volks-
charakters in den verschiedenen Landestheilen Mährens in jeder Beziehung und namentlich
auch in Betreff der Ortsanlage und Bauweise entscheidend mitgewirkt.
Unsere Betrachtungen der Ortsanlage und des Hausbaues wollen wir von dem
Herzen des Landes, von der Hanna aus beginnen. Die aus der Fruchtbarkeit des Bodens
entspringende Wohlhabenheit des Hannaken hat ihn schon in lange vergangenen Zeiten
zum „Aristokraten" unter den mährischen Volksstämmen erhoben; überdies haben in den
letzten Decennien der rege Contact mit den vielen volkreichen Städten der Hanna und die
hier auf fruchtbaren Boden fallenden Fortschritte der modernen Cultur zugleich den
Sondertypus des Hauuaken in mancher Hinsicht beinahe gänzlich verwischt, während die
nachbarlichen, deu gebirgigen, daher auch minder fruchtbaren und von der Welt mehr
abgeschlossenen Theil des Landes bewohnenden Stämme ihren Charakter noch ziemlich
unversehrt erhalten haben.
Wer die Hanna vor drei oder vier Jahrzehnten, seitdem aber nicht gesehen hat, der
wird sich in ihr heute kaum mehr zurechtfinden. Die alte Ortsanlage ist allerdings dieselbe
geblieben; trotz des fortschrittlichen Geistes der Hannaken hat die Gaffenregnlirnng in die
hannakischen Dörfer uoch uicht Eingang gefunden. Die althannakischen Dörfer sind stets an
der Krümmung eines Baches gelegen, an dessen Ufern sich der für die hannakische Landschaft
unerläßliche Weidenbaum in langen Reihen hinzieht; daher anch sein Spottname
„hannakische Palme".
Das Bild, welches ein althannakisches Dorf bietet, wird charakterisirt durch die
hohen, mächtigen Strohdächer der Schatzkammern der Hanna, nämlich der Scheunen, welche
wie ein Wahrzeichen der ackerbautreibenden Bevölkerung die Dächer der Wohnhäuser hoch
überragen. Der mäßig hohe Kirchthurm und einzelne schlanke, hoch in die Lüfte ragende
Pappeln verleihen dem sonst ziemlich monotonen Bilde eine gewisse Lebhaftigkeit.
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Mähren und Schlesien, Volume 17
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Mähren und Schlesien
- Volume
- 17
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1897
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.42 x 21.88 cm
- Pages
- 750
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch