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der böhmischen Sage vom Berge Blanik — die sagenhafte Ritterschaar des Goj-Magoj
ihren jahrhundertelangen Schlaf; erst in der äußersten Gefahr des Vaterlandes wird sie
erwachen und zu seiner Rettung aufbrechen. Daun und wann verirrt sich ein ahnungsloses
Menschenkind, einer entlaufenen Kuh folgend, zu dem schlafenden Heere; das Felseuthor
schließt sich dann hinter ihm, es verrichtet daselbst ein Jahr lang häusliche Arbeiten, um
sodann, mit etwas Mist entlohnt, der sich allerdings an der Erdoberfläche in pures Gold
verwandelt, nach Hause zurückzukehren, wo es jedoch eine ganz andere, ihm unbekannte
Generation antrifft; denn seit seinem Verschwinden ist — von ihm unbemerkt — ein ganzes
Jahrhundert dahingegangen.
Unermeßliche Schätze birgt der Radhost in seinem Innern, die von bösen Geistern
in der Gestalt eines Hahnes und eines Ochsen gehütet werden. Viele haben sich von da
schon Reichthümer geholt, wiewohl auch mancher froh war, nach ausgestandener Todes-
angst das nackte Leben aus der Unterwelt gerettet zu haben; denn nicht ein jeder
Eindringling wird von den unterirdischen Mächten so begünstigt wie der verwaiste
Knabe, den sein von der Noth geplagter Pflegevater, um seine eigenen vier Kinder leichter
ernähren zu können, in die Höhle führte und ihn dort seinem Schicksal überließ. Nach
langen bangen Stunden findet der Knabe endlich einen Ausgang und sieht sich in einer
ihm fremden Gegend in der Nähe einer Bnrg; hier wird er mit zwei schweren Goldbarren
spielend, die er, ohne ihren Werth zu kennen, aus dem RadhoZt mitgebracht hat, von
den Burgleuten angetroffen, vom Burgherrn aufgenommen, erzogen, ja sogar an Kindesstatt
angenommen und zum Erben eingesetzt. Seiner eigenen ehemaligen traurigen Lage
eingedenk, öffnet nun das Waisenkind sein Schloß allen Bedürftigen, und siehe da, eines
Tages kommt auch sein einstmaliger alter, von Elend, Krankheit und Gram tiefgebeugter
Pflegevater, dem inzwischen alle seine Kinder mit Tod abgegangen waren, um Almosen
bittend, zum Burgthor herein, erkennt aber sein Pflegekind erst dann, als der junge
Schloßherr ihn das Brot mit demselben Taschenmesser schneiden läßt, das ihm sein Pflege-
vater seinerzeit mit einem Stück Brot in den Radhost mitgegeben hatte.
Auch der aus historischen Zeiten durch die Niederlage der Tataren bekannte und
seit vielen Jahrhunderten als eine der besuchtesten Wallfahrtsstätten Mährens bei dem
gesammten mährischen Volke im höchsten Ansehen stehende Hosteiu-Berg (SvatF Hosten)
ist der Sage nach mit Schätzen angefüllt. Einem armen verwaisten Hirtenknaben, Vneslav
mit Namen, wurde das Glück zutheil, von den den Schatz hütenden Bergmännchen in die
unterirdischen Räume des Berges geführt zu werden und die über diese Unterwelt
regierende Königin von Angesicht zu Angesicht zu schauen. Tagtäglich durfte er sich daselbst
eine goldene Ruthe abbrechen, die er dann verkaufte; er wäre gewiß ein reicher Mann
geworden, hätte er nicht, entgegen dem gegebenen Versprechen, sein Geheimniß einem
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Mähren und Schlesien, Volume 17
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Mähren und Schlesien
- Volume
- 17
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1897
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.42 x 21.88 cm
- Pages
- 750
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch