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Felsenkegel Kotouc im Kuhländchen begraben liegt und der den Geliebten der schönen
Cekanka aus Rache dafür ermordete, daß sie seine Hand zurückgewiesen hatte. Sein Ziel
erreichte er trotzdem nicht, denn das Mädchen nahm sich selbst das Leben und der Zauberer
fand an ihrer Statt nnr ein blaues Blümchen, das nun deu Namen jenes Mädchens
(cekunku — Cichorienblume) führt; rasend vor Wnth stürzte er sich in einen Abgrund und
die Höllengeister thürmteu über seinem Körper den Felsenkoloß Kotouc auf, in dessen Höhle
„Teufelsloch" gewisse kleine, schwarze Männchen so lange ihren Spuk trieben, bis dieselbe
von den Jesuiten im XVII. Jahrhundert in eine heilige Grabkapelle umgewandelt wurde.
Der Radhost ist auch der Hauptversammlungsort der mährisch-walachischeu Hexen.
Zu mitternächtlicher Zeit fliegen dieselben rittlings auf einem, durch Befchmieruug der Hände
und Füße mit eiuer Zaubersalbe in ein Pferd verwandelten Menschen zu der bewölkten
Höhe hinauf; andere nehmen dabei allerdings mit dem üblichen Besen vorlieb. Es gibt aber
auch Hexen, die durch unterirdische Gänge, durch einen kupfernen, silbernen und goldenen
Wald direct auf die grüne Wiese — in die Hölle — fahren, wo sie im rasenden Tanze mit
den bösen Geistern allnächtlich nicht weniger als zwölf Paar Schuhe zugrunderichten.
Noch heute gibt es in der mährischen Walachei und Slovakei Weiber, die bei ihren
Landsleuten im Gerüche der Hexerei stehen; sie heißen bokxne und haben sich heutzutage
meist auf das Curireu von Krankheiten durch Kräuter und Gebetformeln verlegt. Ebenso
verstehen sich die Walachen heute noch auf die Beschwörung des Gewitters uud kennen sich
in der Ableitung des Hagelschlags von ihren Feldern aus. Sie können auch durch Zauber-
formeln den Dieb festbannen, und wenn auch die Geisterbeschwörung zum Zweck der
Bringung von Schätzen bei ihnen eine bereits verlernte Kunst ist, so blüht in jener Gegend
doch noch immer die Schatzgräbern mit den üblichen Gebeten, Zaubersprüchen und
magischen Mitteln und zahlreiche Schatzgräbersagen werden unter namentlicher Anführung
der Personen und des Ortes der Handlung erzählt.
Sehr ausgebreitet ist hier auch die Teufelssage. Eine Unzahl von „Teufelsfelsen"
(eertvvzs koinenx) bedeckt die spitzigen Gipfel der mährischen Karpathen. Sie alle wurden
von Teufeln durch die Lüfte gebracht, um daraus eine großartige Brücke bei Lidecko (südlich
von Vsetin) von einer Thallehne zur anderen in einer Nacht zu bauen; denn durch die
Erfüllung dieser Bedingung sollte der Böse in den Besitz einer Bauerudirue gelangen, deren
Herz er in der Gestalt eines schmucken Jägers erobert hatte. Um durch das die bösen
Geister verscheuchende Hahnengeschrei nicht vorzeitig in seiner Arbeit gestört zu werden,
kaufte der Teufel alle Hähne weit uud breit zusammen uud ließ mit dem ganzen Aufgebote
der Hölle das Baumateriale zusammentragen. Schon wölbte sich die Brücke zum großen
Theil über dem Thale und die Lnst schwirrt von fliegenden, mit Felsblöcken schwer
beladenen Höllengestalten; in ihrer Todesangst fleht das Mädchen Gott um Hilfe an,
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Mähren und Schlesien, Volume 17
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Mähren und Schlesien
- Volume
- 17
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1897
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.42 x 21.88 cm
- Pages
- 750
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch