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— da kräht ein Hahn unter dem Wassertroge eines alten Mütterchens, das, von einem
Unbekannten gewarnt, ihren Hahn dem Teufel verheimlicht und versteckt hatte, — und
die unfertige Brücke stürzt mit entsetzlichem Krachen zusammen; auch alle in der Luft noch
herumschwärmenden Geister lassen ihre Steinlasten zur Erde fallen — und so entstand die
„Teufelsmauer" bei Lideeko, wie auch die unzähligen Teufelsfelsen in den mährischen
Karpathen.
Der Teufel spielt in der Sage des mährischen Volkes überhaupt eine recht komische
Rolle. Von beherzten gottessnrchtigen Männern aus dem Volke wird er oft erbärmlich
geprellt. In der „Teufelsmühle" am Radhost trieb er Jahrhunderte lang seinen Spuk,
bis er an einem furchtlosen Invaliden seinen Meister findet, der ihm die Hälfte seines
Gesäßes an dem Mühlsteine abmahlt, so daß er Reißaus auf Nimmerwiedersehen nimmt.
Auch die Brünner Gegend besitzt eine in weiteren Kreisen bekannte Teufelssage, die
sich an eine erhaltene Alterthümlichkeit, nämlich an das sogenannte Brünner Rad (binenske
Icolo) knüpft, welches im Thorwege des Brünner Rathhauses aufbewahrt wird. Der Sage
uach wurde dieses Rad von einem Altbrünner Wagner verfertigt, der sich dem Teufel
verschrieben hatte und von dem der Böse sich nur unter der Bedingung loszusagen versprach,
wenn der Wagner im Laufe eines einzigen Tages im entlegenen Walde ein Wagenrad
fertigstellt, in Brünn verkauft und das dafür gelöste Geld verzecht, was ihm nach Über-
windung mannigfacher Abenteuer und Hindernisse glücklich gelingt.
Nicht immer erscheint der Teufel in Menschengestalt, denn er kann auch verschiedene
Thiergestalten annehmen, namentlich die einer schwarzen Katze. Als schwarzes struppiges
Huhn erscheint der seinem Hausherrn Reichthümer zutragende Kobold, skr-itek, auch Setek,
raiÄSek und anders genannt. Als die stolzen Engel vom Himmel verbannt wurden, da
fielen einige in Sträucher nnd Hecken, und das sind die Irrlichter (svötMa, svetlonosi),
wogegen die ins Wasser gefallenen zn Wassermännern wnrden; ihrem Namen (kastrman)
nach sind sie dem deutschen Mythus entlehnt. Auch dieses schadenfrohe, boshafte Wesen
nimmt die verschiedenartigsten Menschen- und Thiergestalteu an. In seiner Wohnung
unter dem Wasserspiegel verwahrt es die Seelen der Ertrunkenen in der Gestalt weißer
Tauben, bis sie von dem Mädchen, das dem Kinde des Wassermanns Pathendienst geleistet
hat, befreit werden. Der Alp (müra oder mora) ist in der Anschauung des mährischen
Volkes eiu Mensch, der zu nächtlicher Zeit umgeht und die Menschen im Schlafe drückt.
Ein Kind, welches mit Zähnen auf die Welt kommt, wird zur müra. Den Tod stellt sich
das Volk als ein Weib vor. Will man von einem Menschen, der nach seinem Tode umgeht,
Ruhe haben, so mnß der Leiche der Kopf mit einem Spaten abgetrennt werden. In der
Hanna werden die Kinder von dem Herumstreifen in den Abendstunden durch das
Abendgespenst kiekaniea zurückgehalten, das uach dem Abendgeläute (kleküni) in der
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Mähren und Schlesien, Volume 17
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Mähren und Schlesien
- Volume
- 17
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1897
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.42 x 21.88 cm
- Pages
- 750
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch