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Das Volksleben der Deutschen.
Charakter des Volkes. Bei dem Umstände, daß die Deutschen Schlesiens
ursprünglich nicht einem Volksstamme angehören, sondern aus verschiedenen Gegenden
Deutschlands in unser Land gekommen sind, möchte vielleicht der Schluß berechtigt
erscheinen, daß von einem einheitlichen Volkscharakter nicht gut die Rede sein könue. Allein
die gemeinsame Arbeit und die gemeinsamen Schicksale, sowie die gleichen geographischen
Verhältnisse des Landes,namentlich die des Oppalandes, welche eine gewisse Abgeschlossenheit
im Volksleben bedingen, haben in der Reihe der Jahrhunderte eine Verschmelzung der
verschiedenen Elemente bewirkt und einen eigenthümlichen schlesischen Provinzialgeist und
Volkscharakter herausgebildet. Sitten und Lebensanschannng befähigen den Schlesier zu
der bedeutungsvollen Rolle eines Vermittlers zwischen norddeutschem und süddeutschem
Wesen; er ist weder ein kalter, allzu nüchterner Verstandesmensch, noch von überquellendem
Gefühl und allzu lebhafter Phantasie. Die Verhältnisse, unter denen er lebt und strebt,
haben ihm ein gewisses Mittel dieser Extreme gegeben. Gleich seinem Lande zeichnet sich
der Schlesier durch schlichte Gediegenheit und ein gewisses Gleichmaß seiner Entwicklung
aus. Stark hervorstechende Eigenthümlichkeiten besitzt er nicht, doch kennzeichnet den
rechten Schlesier bei aller Rührigkeit Gelassenheit und Ruhe. Seine Friedensliebe ist
bekannt, aber auch sein Rechtsgesühl, seine Ehrlichkeit und Beständigkeit. Rastlos in
seinem Bemühen, bescheiden in seinen Ansprüchen ist er mit seinem Lose, das ihm nicht
zn leicht gefallen, bald zufrieden. Und empfindet der Gebirgsbewohner auch seine Armuth,
so läßt diese ihn doch weder geistig, noch körperlich verkümmern. Selbst die ärmste
Familie ist bestrebt, dafür zu sorgen, daß die Kinder reinlich und ordentlich einhergehen.
Auch des Armen Ehrgefühl ist so rege, daß er lieber darbt, als vor seinen Mitmenschen
sich erniedrigt.
Einen besonderen Zug des deutschen Schlesiers bildet sein thatkräftiger Wille, seine
zähe Ausdauer; mit jeder neuen Schwierigkeit wächst sein Eifer, wächst seine Kraft. Den
kleinsten Vortheil weiß er auszunützen und mit nie abzuschreckender Emsigkeit zu behaupten.
Mann, Weib und Kind strengen im Verein ihre besten Kräfte an, um dem Boden de»
Lebensunterhalt abzuringen. Und so arbeiten nicht nur ein Menschenleben, sondern ganze
Generationen an der Verbesserung des Besitzes. Dabei kommt es vor, daß die sorgsame
Hausmutter das Bewachen ihres Jüngsten während der Feldarbeit nicht selbst besorgen
kann; sie überläßt die Wache über denselben getrost dem treuen Haushunde, während der
vorüberfließende Gebirgsbach den kleinen Erdenbürger mittelst einer einfachen Mechanik
in den Schlummer wiegt. Durch den Kampf mit der kargen Natur wird die Ausbildung
des Verstandes nicht wenig gefördert. Mit schneller Anffassuug begabt, wißbegierig uud
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Mähren und Schlesien, Volume 17
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Mähren und Schlesien
- Volume
- 17
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1897
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.42 x 21.88 cm
- Pages
- 750
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch