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Zuckmantels und Obergrnnds die Leidensgeschichte Christi in derselben Weise wie nvch
hente in Oberainmergau dargestellt. Das Spiel nahm in der Znckinantler Pfarrkirche
nach Anhörung der heiligen Messe den Anfang, und zwar wnrde bis zur Kreuzigung
gespielt, die Kreuzigung selbst fand auf dem in der Nähe der Stadt gelegenen Rochusberge
statt, wohiu sich das Volk, der Leidenszug an der Spitze, unter Absingung von heiligen
Liedern begab. Das Stück ist literarhistorisch bedeutsam und ein werthvoller Beitrag zur
schlesischen Sittenkunde. Bei seiner Ausführung waren 92 Personen beschäftigt; es enthält
2484 Verse und zerfällt in 14 Auftritte. Der Text gehört in der vorhandenen Fassung
nach Sprache und Versbau den ersten Deeennien oder der Mitte des XVII. Jahr-
hunderts an. Doch ist anzunehmen, daß wir die Bearbeitung eines weit älteren Stückes
vor uus haben. Daß die letzte Bearbeitung in Schlesien entstanden ist, dafür zeugen die
in der Krämerscene und sonst vorkommenden echt schlesischen Dialeetformen.
An die Darstellung der Leiden Christi schließt sich auch eine in derselben Gegend
überlieferte Sitte an. Um an den Leiden des Erlösers gewissermaßen Antheil zu habeu,
ließen sich ehedem während der Osterzeit in Zuckmantel und Umgebung Männer des
Volkes die Marterwerkzeuge Christi oder den Namen Jesu auf der Brust oder auf dem
rechten Oberarm eiuätzen, indem die Haut niit Stecknadeln gestochen, mit Zinnober und
Gerbsäure überstrichen wurde. Nicht zufrieden damit, unterzog das Volk nach Art der
Flagellanten in dieser Zeit den Körper der schmerzlichsten Züchtigung und ging dann
processionsweise in die Rochuskirche, wo, wie noch jetzt, das heilige Grab aufgerichtet war.
Anlage vou Haus und Hof. Die Dichte der Bevölkerung im westlichen Theile
Schlesiens einerseits, Bodenform und Thalbildung anderseits bringen es mit sich, daß
die Ortschaften sich eng aneinander schließen, so daß der Wanderer oft meilenweit ohne
längere Unterbrechung von menschlichen Wohnungen sich umgeben sieht, wofür die zusammen-
hängenden Dörfer von Jägerndorf bis Hermannsstadt, von Niklasdorf bis Waldenburg,
von Weidenau bis Gurschdors und Steingrund mit ihren die Straße einsäumenden Häusern
zeugen. Trotzdem findet es sich selten, daß zwei Häuser eng aneinander gebaut sind.
Einzeln stehende, zerstreut liegende Hütten trifft man nur in dem höheren Gebirge.
Wenn auch in unserer Zeit die Häuser in günstiger gelegenen Ortschaften fast alle
aus hartem Materials erbaut sind, so gibt es doch noch Bauernhäuser im Schrot- und
Fachbau ausgeführt, und zwar ist das eigentliche Wohnhaus aus Bohlen gezimmert, der
Theil des Gehöftes aber mit den Stallungen besteht aus Fachwerk. Auch trifft man einige
Häuser noch ganz im Fachbau mit Lehmausfüllung an; diese Bauart hält die Stube
besonders warm und leistet bei Feuersgefahr lange Widerstand. Meist haben die alten
Bauernhäuser einen steinernen Grundbau, auf welchem die Wände aus Fachwerk oder aus
quergelegten, an den Ecken durch Falzen verbundenen Schrotbalken sich erheben. Die Höhe
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Mähren und Schlesien, Volume 17
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Mähren und Schlesien
- Volume
- 17
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1897
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.42 x 21.88 cm
- Pages
- 750
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch