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Kleidertracht und Volkstypen. Die Kleidung des schlesischen deutschen Bauern
hatte nie den Charakter einer Nationaltracht wie bei Polen, Ungarn, Russen, sondern
stellte sich wie in anderen deutschen Landen als eine mehr oder weniger veraltete frühere
Mode der höheren Stände dar.
Altmodisches oder, wie das Volk sagt, altfränkisches Wesen ist zur Zeit selbst in
einsamen Gebirgsdörfern ausgestorben. Eine Ausnahme macht der Bauer der deutschen
Sprachinsel Bielitz und der Colonistendörser um diese Stadt. An seiner Tracht ist
er sofort zu erkennen. Er trägt hochschästige Kniestiefel und eine kurze dunkle Tuch-
jacke, um die er erforderlichen Falls einen langen dunklen Tuchmantel wirft. Den Kopf
deckt ein spitzer Hut, scherzweise „Zuckerhut" genannt. Er hat eine mäßig breite Krämpe
und eine früher ziemlich hohe, jetzt stark gekürzte Kappe, geziert mit ansehnlichen Seiden-
quasten. Ältere Bäuerinnen tragen einen langen dunkelblauen oder schwarzen Tuchrock
und eine eng anliegende, mit Borten benähte Tuch- oder Sammtjacke, worüber auch
wohl ein buntes Brusttüchlein geknüpft wird. Auf dem Kopfe der verheirateten Frau
sitzt ein spitzengezierter weißer Kopfputz, unter dem Namen „Drach" bekannt, in kleineren
Dimensionen bei jüngeren Frauen, ziemlich aufgebauscht bei älteren. Dieses Kopfgebinde
ist aus einem gestreiften weißen, gestickten Tuche sorgsam gefaltet und zusammengeknüpft,
sitzt enganliegend schachtelartig auf dem Hinterhaupte und hat unterhalb der Ohren zwei
horizontal abstehende Flügel und einen dreieckigen Zipfel.
Zur Probe von der Kleidertracht im westlichen Schlesien im dritten und vierten
Deeennium dieses Jahrhunderts sollen zwei Trachtenbilder hier beschrieben werden.
Das eine gehört dem Freiwaldauer Bezirk an; es ist ein seiner Zeit modern
gekleideter Kleinstädter oder wohlhabender Dorfschulze. Seinen Staat bilden der
dreispitzige Hut, die laugschößige Weste, die bis über die Knie reichende Sammt- oder
Manchesterhose und die weißseidenen, auch baumwollgestrickten Strümpfe. Die Schuhe zieren
große Silberschnallen. Der Rock aus lichtblauem Tuche hat eiueu schmalen Stehkragen,
keine Brustaufschläge. Das Futter des Rockes ist hellroth. Die Ärmel haben große
Aufschläge, welche auf der Oberseite Knöpfe tragen. Die Aufschläge der Seitentaschen
laufen um die ganze Hüfte herum; sie sind beschnürt. Etwas unterhalb der Taschenöffnung
befinden sich ebenfalls wie bei den Ärmelanfschlägen und an den Schößen und an der
Brust Zierknöpfe aus Messing oder Silber. Die Halsbinde ist von Seide, die Zipfel
derselben hängen wohlgeordnet herab. In der Hand hält derselbe ein stattliches spanisches
Rohr. So geht er zur Kirche oder zu irgend einer Festlichkeit.
Ein anderes Bild geben wir in einer wohlhabenden Bäuerin aus der Gegend von
Jägerndorf und Olbersdorf. Die Schürze ist schmäler, als es gegenwärtig gewöhnlich der
Fall ist. Die violette Jacke gleicht mit einigen Abweichungen dem früher gern getragenen
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Mähren und Schlesien, Volume 17
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Mähren und Schlesien
- Volume
- 17
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1897
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.42 x 21.88 cm
- Pages
- 750
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch