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Zu Weihnachten werden Striezel gebacken und am Tage des heiligen Stefan ziehen
arme Kinder von Haus zu Haus mit Gesängen, welche die Geburt Christi oft in
dramatischer Weise feiern (koleäa). Die drei heiligen Könige, welche mit Papierkronen
auf den Köpfen und mit Hemden über den Rücken herumziehen, verfügen ebenfalls
über eine Anzahl von Koledas. An diesem Tage muß das Wirthschaftsgebäude mit
geweihtem Dreikönigswasser bespritzt und die Thüre mit drei neuen Kreidekreuzzeichen
bezeichnet werden.
Die letzten Faschingstage werden verschiedenartig gefeiert, in manchen Ortschaften
wird „der Bär" herumgeführt oder ziehen die Burschen mit Musikbegleitung vor die
Wohnungen der Mädchen. Durch die ganze Winterzeit bis zu den Ostern versammelten
sich ehemals die Mädchen zum Garnspinnen (pi-ickkv), wobei traurige und heitere
Liedlein in das schnurrende Treiben des Rädchens hineingesungen, allerlei Märchen
und Geschichten erzählt oder auch Räthsel gerathen wurden. Am Sonntag Lätare wird
eine Strohfigur als Tod (marena) von den Mädchen durch das Dorf getragen, dann
hinter dem Dorfe zerrissen und ins Wasser geworfen, wobei viele originelle, nach Ort-
schaften verschiedene Lieder gesungen werden. Ins Dorf wird dann ein mit Maschen
geschmückter Maibaum zurückgetragen. In anderen Ortschaften wird die klaksna durch
die krävnÄ ersetzt, jedoch mit dem Unterschied, daß das Maibänmchen mit buntfarbigem
Papier geschmückt in einzelne Häuser unter Gesang getragen wird. Am Charfreitag,
an dem Tage, an welchem sich angeblich vergrabene Schätze öffnen, legt der Grundwirth
die aus Ruthen geflochtenen Kreuzchen (doknite) auf seine Felder, die Wirthin zum
Schutz gegen Ungewitter und Hexen zwischen die Fenster. Zu Ostern werden Oster-
laibel (svöoemk)', gebacken, dann Kornbrot mit eingebackenem Schweins-
braten (pleea), und am Ostermontag haben es die Knaben und Burschen auf das
Weibsvolk abgesehen, denn es wird von Haus zu Haus — oder doch nur auf die
verehrten Mädchen mit Weidenruthen losgeschlagen, wofür sie von diesen mit Eßwaaren
beschenkt werden. An manchen Orten findet sich statt dessen der Brauch, daß die Burschen
auf ihre Mädchen im unbewachten Augenblick aus einem Kännchen einen plötzlichen Regen
loslassen, wofür Osterdieustag das weibliche Geschlecht das Recht hat, gerechte Rache zu
üben und das Gleiche mit Gleichem zu vergelten. In manchen Ortschaften herrscht auch die
Sitte, die Knechte bei ihrem ersten Ausfahren in die Feldarbeit mit Wasser zu begießen,
damit sie bei der Arbeit nicht einschlafen. In der Nacht zum ersten Mai, mit welchem
Tage ebenfalls viele abergläubische Ansichten verbunden sind, stellen die Burschen vor die
Wohnungen der geliebten Mädchen heimlich Maibäume auf und am Abend vor
Johanni werden zur Abendzeit die Johannesfeuer angezündet und Fenster und Thüren
mit Kornblumen und Raden bekränzt.
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Mähren und Schlesien, Volume 17
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Mähren und Schlesien
- Volume
- 17
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1897
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.42 x 21.88 cm
- Pages
- 750
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch