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was dem Kranke» Heilung, dem Erholungsbedürftigen Stärkung zu bringe« geeignet ist.
Allerdings ist Karlsbrnnn kein Lnxnsbad, sondern ein vielgesuchter Zufluchtsort für
Leidende mancherlei Art. In den lauschigen Wälder» des unvergleichlich schön gelegenen
Karlsbrunn, wo alles Nuhe uud Frieden athmet, glätten sich leicht die Wogen des
aufgeregten Gemüthslebens nnd findet die Seele jene Rnhe wieder, welche sie in der Hast
des geschäftliche!? Lebens verloren.
Die Cur beginnt gegen Ende Mai und endigt gewöhnlich Mitte September. Als
Cnrmittel kommen zur Anwendung Milch und Molke, Heilquellen, Mineral-, Fichtennadel-
nnd Moorbäder, Kaltwasserkur nach der Prießnitz'schen Methode uud die Oertel'sche
Terraiucur mit genauer Bezeichnung der bestimmten Distanzen nnd Wege. Die Cnrmittel
werden durch die würzige, kräftigende Luft wesentlich unterstützt. Ohne Einrechnnng der
Karlsbrunn zahlreich besuchenden Tonristen beträgt die Frequenz des Cnrortes 700 bis
800 Personen pro Jahr.
Ganz besonders beachtenswerth ist die von Johann Schroth im Jahre 1829
gegründete diätetische Heilanstalt in Lindewiese, das, 4 Kilometer von Freiwaldau
entfernt, in einem schönen, durch bewaldete Mittelgebirge vor Nordwinden geschützten
Thal, 500 Meter über dem Meere gelegen ist. Während in Gräsenberg das kalte Wasser
dominirt, bildet in Lindewiese feuchte Wärme den Hauptfactor der Cur; denn Schroth
hielt an dem Grundsatze fest: „In feuchter Wärme gedeiht Holz, Frucht, Wein, selbst
Fleisch und Bein." — Gleich Prießnitz wurde auch Schroth (geboren 11. Februar 17ö8
zu Böhmischdorf bei Freiwaldau) durch einen Zufall zum Naturarzte. Es war im Jahre
1817, als ihm, der damals das Fuhrwerk betrieb, durch den Hufschlag eines Pferdes
das rechte Kniegelenk zerschmettert wurde. Trotz der Heilung blieb das Bein krumm, da
eine bedeuteude Anschwellung der Knochenmasse und der umliegenden Gelenkenden
zurückgeblieben war, so daß er sich nur schwerfällig weiterbewegen konnte. Dieser
Zustaud dauerte längere Zeit, bis Schroth einen in frisches Wasser eingetauchten Leinwand-
lappen nahm, damit das kranke Bein umhüllte, darüber ein trockenes Tuch band und das
kranke Gelenk während der Nacht mit Kotzen bedeckte. Die dadurch entwickelte feuchte
Wärme war von wohlthätiger Wirkung. Die Anschwellung trat zurück und es zeigte
sich bald eine Gelenkigkeit des erkrankten Beines, welches nach Ablauf von 10 Wochen
wieder vollständig gebrauchsfähig war. Als Schroth durch die Anwendung dieses Mittels
bei Erkrankungen verschiedener Art günstige Erfolge erzielt und die durchgreifend lösende
Kraft der dnrch Umschläge hervorgerufenen feuchten Wärme an Menschen und Thieren
erprobt hatte, gewann er die Überzeugung, daß feuchte Wärme die wichtigste Bedingung
des Entstehens und Gedeihens' aller Körper in der Thier- und Pflanzenwelt sei, und
darauf ist auch sein diätetisches Heilverfahren gegründet.
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Mähren und Schlesien, Volume 17
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Mähren und Schlesien
- Volume
- 17
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1897
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.42 x 21.88 cm
- Pages
- 750
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch