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die sich von dem höheren nnd breiteren Mittelschiff dnrch zwei Reihen von je drei Pfeilern
schieden, nnd mit halbkreisförmigen Apsiden, deren Grundmauern gewiß noch unter
dem jetzigen Chor stecken, als östlichen Abschlüssen der Schiffe. Schwer ist es dagegen zn
entscheiden, ob unter den an der Westhälfte des Baues erhalteneu romanischen Details
anch solche vorkomme», die noch vom Ende des XII. Jahrhunderts, von der zur Zeit
Bela's III. erbauten Kirche herrühre», oder ob sie sämmtlich nur Vertreter jener
romanischen Kunst sind, die besonders in diesem Comitat nach dem Tatareneinfall,
noch um die Mitte des XIII. Jahrhunderts in Übung war. Ebenso zweifelhast ist es,
ob die über den beiden westlichen Jochen der Schiffe befindliche Empore dem Neubau
des XII. oder des XIII. Jahrhunderts angehört. Das östliche Pfeilerpaar der Kirche
steht ans doppeltem Sockel; es hat attische Füße und derbe Eckblätter; es ist an zwei
Seiten glatt, die beiden anderen sind durch Halbsäulen und die abgeschrägten Kanten
durch Dreiviertelsänlen gegliedert; die kelchartigen Kapitäler der Schäfte sind mit Schilf-
blättern, die in Knoten endigen, verziert. Die beiden, die Empore stützenden Pfeilerpaare
gleichen den obigen, doch mit dem Unterschiede, daß sie an allen vier Seiten Halbsäulen
haben uud die Stelle der abgeschrägten Ecken dnrch je zwei rechtwinklige Vorsprünge
gegliedert ist. Das westliche Pfeilerpaar, anf dem die inneren Ecken der Thürme ruhen,
hat keine Eckblätter. Das Hanptportal ist rnndbogig; seine Öffnung hat einen horizontalen
Querbalken und verengert sich nach innen stufenweise; seine Laibnng ist durch je drei
rechtwinklige Vorsprünge und dazwischen je zwei glattschästige Säulen gegliedert. Diese
Gliederung setzt sich am Portalbogen fort, doch mit dem Unterschiede, daß die den Säulen
entsprechenden Glieder achteckig sind. Die Laibnng des Nordportals gliedert sich dnrch
je zwei rechtwinklige Vorsprünge und je eine Säule; letztere sind an den Kapitälen mit
den nämlicheu Schilfblättern verziert, wie die Säulen des Schiffes. Die Gesimse der
mit breiten Lisenen umsäumten Thürme sind aus einem Zahnschnitt und eiuem theils
spitzbogigeu, theils ruudbogigeu Fries gebildet; ihr Kranzgesimse zeigt Reuaifsance-
geschmack; ihre achteckigen Helme sind verputzte Holzcoustruction; ihre rnndbogigen
Fensterpaare sind dnrch Säulenschäfte ohne Kapitäl und Fuß abgetheilt. Wenn es sich
beweisen ließe, daß die im XII. Jahrhundert erbaute Kirche uicht gänzlich zerstört ist nnd
daß der Bau des XII. Jahrhunderts sich den erhalten gebliebenen Details angepaßt hat,
dann stüude auf Grund der Pfeiler uud der Gliederung der Portale die Kirche zu Kirch-
drauf als einziger Beweis nicht nur für das Oberland, sondern für das ganze Land da,
daß die entwickeltere romanische Banknnst in Ungarn schon zu Ende des XII. Jahr-
hunderts heimisch zu werden begann.
Außer den oben geschilderten größeren Möuchsbauteu und der Kathedrale von
Kirchdranf ist die romaiusche Baukunst in Oberungarn noch durch ziemlich zahlreiche
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (5), Volume 18
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Ungarn (5)
- Volume
- 18
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1898
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.02 x 21.71 cm
- Pages
- 462
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch