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und die dichter bevölkerten Ortschaften begannen sich ans Grnnd königlicher Freibriefe
zn Städten zn entwickeln. Die auf Belas IV. Einladung hereingekvmmenen neueren
Gäste, unter denen sich eine große Zahl von gewerbetreibenden Bürgern befand,
vermehrten die Bevölkerung bedeutend und der König erneuert deu älteren ihre
durch die Verheerungen der Tataren verloren gegangenen Freibriefe (so den Ansied-
lnngen von Altsohl, Karpfen, Bäbaßek und Dobroniva), die neueren Niederlassungen aber
begabt er mit ähnlichen Freiheiten. Diesem Beispiele solgen seine Nachfolger Stefan V.,
Ladislaus IV. und Andreas III., dann nach dem Aussterben des arpadischen Hauses Karl
Robert, Sigismund und die übrigen; alle schreiten auf dem betretenen Wege vorwärts und
verleihen mit freigebiger Hand die städtischen Privilegien. So entwickeln sich in der zweiten
Hälfte des XIII. Jahrhunderts und dann im XIV. zahlreiche größere und kleinere Fremden-
eolonien zu Städten und nehmen einen raschen Aufschwung. Nach einander tauchen Preß-
burg, Tyrnau, längs den kleinen Karpathen Sanct Georgen, Bösing, Modern auf, dann
die beiden ältesten Bergwerkscolonien Kremnitz und Schemnitz, im Sohler Comitate
Neusohl und die schon erwähnten kleineren Städte, im Zipser Comitate Lentschan, Käsmark
und mehrere kleinere Städte, im Abaujer Comitat Kaschau, im Saroser Comitat Eperies,
Bartfeld n. s. f. Diese Reihenfolge von Städten allein genügt, um zu bezeuge», daß das
einst von Urwald bedeckte, kanm bewohnte Oberland, bis dahin der am wenigsten cultivirte
Theil des Landes, wie auf einen Schlag sich umgewandelt hatte und im Besitze der
Bedingungen war, um fernerhin mit den anderen Gegenden des Landes auf dem Gebiete
der bürgerlichen Cultur Schritt zu halten, ja dieser und jener zuvorzukommen.
Sobald diese Städte sich auf Grund ihrer bürgerlichen Freiheiten organisirt, im
Schutze ihrer Mauern einen sicheren Zustand geschaffen und es zu einigem Wohlstand
gebracht hatten, wandten sie ihre Hanptsorge der Erbauung eines Gotteshauses zu. Dieses
war ihr erstes öffentliches Bauwerk, das sich auf dem rundlichen oder länglichen, nmbanten,
durch Häuser geschützten Hauptplatze der Stadt erhob, der größte Stolz der Bevölkerung,
der Ausdruck ihres christlichen Glaubens nnd bürgerlichen Selbstbewußtseins. Die Bettel-
orden, und zwar die Franciscaner, Dominicaner und Panliner, die sich um diese Zeit im
Lande ansässig machten und ausbreiteten, und die auch als Verbreiter der gothischen
Bauweise anzusehen sind, ließen sich im Oberland weniger zahlreich nieder und spielten
daher auf dem Gebiete der Bauthätigkeit neben der städtischen Bürgerschaft eine weniger
ansehnliche Rolle. Die ackerbautreibenden und grnndbefitzenden Orden hatten ihre Bau-
aufgaben in der vorhergehenden Periode durchgeführt, weshalb ihre Thätigkeit in dem
nunmehrigen Zeitraum weniger Wichtigkeit besitzt.
Die also beginnende Epoche des gothischen Banes dauerte fast 250 Jahre lang,
bis ans Ende des XV. Jahrhunderts, ja darüber hinaus, und in dieser Zeit nahm die
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (5), Volume 18
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Ungarn (5)
- Volume
- 18
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1898
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.02 x 21.71 cm
- Pages
- 462
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch