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Im Zipser Comitat hat Käsmark eine solche Holzkirche, im Liptauer Comitat Nagy-Palugya.
Beide sind ungewöhnlich umfangreich und haben die Form des griechischen Kreuzes. Die
zu Käsmark wurde 1717 erbaut und kostete etwa 5(100 Gulden; sie ist 34 68 Meter lang
nnd 30 31 Meter breit.
Die Denkmäler der romanischen Baukunst litten unter dem Ungemach des
Tatarenzuges, um bald darauf der gothischen Baumode zu unterliegen, die sich durch
keine Pietät für das Alte auszeichnete. Dafür wurden die Schöpfungen der Gothik erst
durch die Türken, dann durch die siegreich um sich greifende Reformation arg mit-
genommen. Im XVI. und noch mehr im XVII. Jahrhundert, als von der nordöstlichen
Grenze des Landes bis Budapest kein einziger katholischer Priester zn finden war,
bemächtigten sich die Resormirten der herrenlosen Kirchen, überweißten die Bilder an
deren Wänden und warfen alles hinaus, was an die katholische Religion erinnerte.
Während der Gegenreformation gelangten die meisten Kirchen in die Hände der
Katholiken zurück, allein auch die damals moderne Kunst der Spätrenaissance bewies
dem Alten wenig Schonung. Was aber diesem Ungemach zu trotzen vermochte, das
erlag dem Zahn der Zeit, dem natürlichsten, wenn auch uicht schlimmsten Feinde des
Menschenwerkes. So sind manche wesentliche Merkmale der Vollständigkeit in den
mittelalterlichen Kirchen nur in relativ geringer Zahl erhalten geblieben; die Wand-
gemälde z. B., die Glasmalereien, dann die Einrichtungsstücke, als da sind: Altäre,
Saeramentshänschen, Taufbrunnen, welche Zeugnis ablegen von dem damaligen Znstande
der mit dem Kirchenbau in enger Verbindung geübten Malerei, Scnlptnr und anderer
Kunstzweige.
Die Denkmäler der kirchlichen Wandmalerei sind auch im Oberlande meist erst
in jüngster Zeit von der Kalkschichte befreit worden, die sie Jahrhunderte lang beschützt
hatte. Ihre ansehnliche Zahl, sowie der Umstand, daß sie mich in den kleinen Kirchen
entlegener Dörfer häufig vorkommen, lassen es beinahe zweifellos erscheinen, daß jedes
Kircheninnere mehr oder weniger mit Wandgemälden geschmückt war, ja oft genug selbst
die Außenseite solchen Schmuck erhielt, und zwar in der Regel die mächtige Gestalt des
heiligen Christoph. Die größeren Bilderfolgen stellen Scenen aus dem Leben Christi,
Marias und der Heiligen, unter diesen den heiligen Ladislaus, ferner einzelne Heiligen-
figuren, unter diesen den die Seelen wägenden Erzengel Michael und den drachen-
tödtenden St. Georg vor. Die künstlerisch werthvolleren verrathen ausländischen Einfluß.
Der größte Theil ist von ziemlich geringem Kunstwerth. Diese wurden nach damals
allgemein verbreiteten Vorlagen, etwa vom Ende des XV. Jahrhunderts, angefertigt,
wobei deren im Vergleich zur mittelalterlichen Starrheit freiere Auffassung und
Darstellungsweise gewahrt wurde. Spuren selbständiger künstlerischer Individualität
Ungarn V. 8
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (5), Volume 18
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Ungarn (5)
- Volume
- 18
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1898
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.02 x 21.71 cm
- Pages
- 462
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch