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der Bartfelder Kirche die Figuren des heiligen Christoph und dreier Heiligen aus dem
Hause Arpäds, durch die Meister Johann Emeriti und Johann Kraus im Jahre 1521
gemalt. Von den Glasgemälden, an denen es den Fenstern der Kirche einst sicherlich nicht
gefehlt hat, ist keine Scherbe übrig geblieben.
Das eigenthümlichste Einrichtungsstück der deutschen gothischen Kirchen, der Flügel-
a l tar , hat außerhalb Deutschlands in Oberungarn seine bevorzugte Heimat gefunden. In
anderen Theilen des Landes finden sich seine Spuren nur ganz vereinzelt, sei es, weil er dort
weniger verbreitet war, sei es, weil Krieg und Reformation ihm verderblicher geworden.
Im Oberland dagegen hat er sich allen Verwüstungen zum Trotz in großer Zahl erhalten,
beschränkt sich jedoch auch hier fast nur auf die Comitate Zips, Säros, Sohl, Turöcz und
Liptan. In diesen finden sich kleinere Kirchen, die noch jetzt drei oder vier Flügelaltäre
aufzuweisen haben. Ihre Zahl beträgt insgesammt etwa achtzig. Rechnen wir dazu die
untergegangenen, die uns nur aus Berichten bekannt sind, und diejenigen, deren Bruch-
stücke sich in den Rumpelkammern der Kirchen vorfinden, so ist es klar, daß in der zweiten
Hälfte des XV. und in den zwei ersten Jahrzehnten des XVI. Jahrhunderts, also innerhalb
70 Jahre, etwa 500 bis 600 größere und kleinere Flügelaltäre angefertigt wurden. Es
wird also gar nicht übertrieben erscheinen, anzunehmen, daß vielleicht selbst Deutschland
kein Gebiet von gleicher Ausdehnung besitzt, das in dieser Hinsicht den erwähnten fünf
Comitaten überlegen wäre. Diese Thatsache ist schon aus dem Grunde sehr wichtig, weil
sie, von allein anderen abgesehen, an sich den entscheidenden Beweis liefert, daß in diesem
Theile des Landes zu jener Zeit der Einfluß der deutschen Kunst unbestritten geherrscht hat.
Der Flügelaltar ist zwar nach Eonstruction und Form ein in sich abgeschlossenes
architektonisches Werk, doch siud dabei die Statuen, Reliefs und Gemälde so wesentliche
Bestandtheile, daß seine Bedeutung mehr ins Gebiet der Plastik und Malerei fällt. Seine
aus Holz constrnirten, mit goldstrahlenden Streben, Bogen, Fialen, Eonsolen und
Baldachinnischen ausgeschmückten Theile, wie: Sockel, Schrein, Flügel und Giebelnng,
dienen nnr als Rahmen für die gleichfalls holzgeschnitzten Statuen und Reliefs, wie für
die auf Holztafeln gemalten Bilder. Daher ist die große Zahl der Flügelaltäre auch
ein Beweis dafür, welchen Aufschwung um diese Zeit Plastik und Malerei im Oberlande
nnter der Einwirkung der deutschen Kunst genommen hatten.
An Kunstwerth kommen sie freilich den Werken jener deutschen Meister nicht gleich,
die in der Geschichte der deutschen Plastik und Malerei eine hervorragende Stellung
gewonnen haben. Hie und da lassen sich Spuren einer selbständigen künstlerischen Begabung
erkennen; das eine oder andere Stück zieht durch tüchtige Technik die Aufmerksamkeit an.
Die besseren halten den Vergleich mit sogenannten Werkstattarbeiten Deutschlands aus; die
meisten Arbeiten aber bleiben selbst hinter diesen zurück. Insgesammt verrathen sie
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (5), Volume 18
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Ungarn (5)
- Volume
- 18
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1898
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.02 x 21.71 cm
- Pages
- 462
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch