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Rathen angewiesen. Um die Mitte des XIII. Jahrhunderts gelangte auch in den
westlichen Slaveuläuderu der Typus der baierisch-fränkischen Burgen zu allgemeiner
Geltung. Es erscheint also fast zweifellos, daß die Burgen des Oberlandes, und zwar
sowohl jene, deren Name baierisch-fränkischen Ursprungs und nur ins Ungarische übersetzt
worden ist, wie Hollökö (Rabenstein) und andere, als auch die mit slavischen Namen in
der zweiten Hälfte des XIII. und im Laufe des XIV. Jahrhunderts gleichfalls dem
deutschen Vorbilde gefolgt sind. Danach bestanden sie aus einer Umfassungsmauer, aus
einem, oder je nach der Örtlichkeit mehreren Vorhöfen (Zwingern), einem inneren Hof, der
zuweilen durch höhere Lage den Charakter eines Bergfrieds gewann, und dem Haupt-
thurm; in den Vorhöfen befanden sich die Belegräume der Besatzung und die Wirthschafts-
gebäude, im inneren Hofe der Palas, als Wohnhaus des Burgherrn; die größeren und
vollständiger ausgebauten Burgen hatten auch besondere Frauengemächer (Kemenate),
Rittersaal und Kapelle. Doch ist keine einzige Burg von so einfacher Anordnung erhalten
geblieben. Die Burgen, die hauptsächlich unter dem Drucke der Furcht vor einem zweiten
Tatareneinfalle erbaut wurden, behielten ihre Wichtigkeit durch viereinhalb Jahrhunderte;
die politischen Verhältnisse des Landes, die in Folge derselben anwachsende Macht der
Oligarchie und die mit dieser verbundenen Thronstreitigkeiteu, dann die Einfälle der
Hnssiten, hierauf die Türkenzeit, schließlich die Wechselfälle der nationalen Bewegung, all
dies trug dazu bei. Die Entwicklung des Geschützwesens und die gesteigerten Ansprüche an
Bequemlichkeit machten dann bedeutende Umgestaltungen nothwendig, bis endlich die Zeit
kam, wo sie überflüssig wurden und unbewohnt blieben. Bei alledem gibt es einige, die
unter den Trümmern späterer Zubauten noch immer mehr oder weniger von der ursprüng-
lichen Anordnung erkennen lassen. Solche sind: Strecsnö, Ovär, Szalänez, Füzer, Torna,
Säros, Szepes und Zborö. Als charakteristische Beispiele von Doppelburgen, wo die
Vertheidigung sich auf zwei Hauptpunkte stützte, dienen Theben und Leduiez.
Zur Zeit der Türkenherrschaft zogen sich zahlreiche Adelsfamilien in jenen Theil des
Oberlandes zurück, den sich die Türken nicht dauernd zu unterwerfen vermochten. Hieraus
folgten Umgestaltungen mancher Burgen, die den Zweck hatten, einer größeren Zahl von
Bewohnern außer ihrer Sicherheit auch ein Mehr an Bequemlichkeit zu bieten. Im Lause
des XVII. Jahrhunderts wurden diese Umgestaltungen in immer größerem Maßstabe
betrieben; der innere Hof bekam einen Ring von zwei- und dreistöckigen Gebäuden, die sich
an die Umfassungsmauer lehnten, der Thurm wurde umgestaltet, und wenn er den
Erweiterungen hinderlich war, theilweise oder ganz abgetragen. So bildete sich im Oberland
eine ganz eigene Art von Burg aus. Sie war nach außen Festungswerk, sah aber innen
keineswegs kriegerisch aus. Da erhob sich kein hoher Wartthurm, um nach Feind und Beute
zu spähen, sondern ein Schloss mit langen Reihen behaglicher Gemächer, als wäre ihr
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (5), Volume 18
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Ungarn (5)
- Volume
- 18
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1898
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.02 x 21.71 cm
- Pages
- 462
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch