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Hinsichtlich der allgemeinen Ethnographie ist jetzt das Vvlk im Osten und Westen
des Comitats von hohem, schlankem, knochigem Wüchse, Gesichtszüge und Kopfbildnng
zeigen Spuren des ursprünglich germanischen Typus; in den mittleren Theilen des
Comitats, sowie am südlichen und nördlichen Rande ist die Bevölkerung untersetzt,
breitschulterig und von starker Constitntion. In manchen Gemeinden tragen die Männer
das Haar kurz, in anderen lang; stellenweise hing noch vor wenigen Jahrzehnten längs
des Ohres ein Zopf nieder, wie er jetzt nur noch hie und da bei Schaf- und Kuhhirten
zu finden ist. Die Kleidung besteht im östlichen Theile des Comitats, bis Liptö-Szent-
Miklös hinab, aus einem kurzen Wamms (KunM) von weißem Filztuch, aus unten
engen Hosen von ungarischem Schnitt, mit rother oder grüner Verschnürung, dazu
kommen (im Sommer) Bundschuhe und ein niederer, schwarzer Hut mit breiter Krampe;
die Brust ist mit dem unvermeidlichen „Leibl" einer ärmellosen Weste aus
Lammfell, bedeckt. Im Winter gehören zur Festtagstracht Schuhe mit hohen Schäften,
die für Werkeltage nur aus weißem Filztuch gemacht sind; statt des Szür (Lodenmantel)
haben sie als Oberkleid ein kurzes Ködmön (Wamms) aus weißem Lammfell.
Im mittleren Theile des Comitats ist die Kleidung ähnlich, doch macht man das
Oberkleid aus röthlichbraunem Tuch, im westlichen Theile des Comitats aber aus
schwarzem Grobtuch.
Ganz anders kleiden sich die polnischen Ansiedler von Borove, Hntti, Novoty und
Svinyarka; sie tragen sehr schmalrandige Hüte mit einer Schnur weißer Muscheln
geschmückt und im Sommer „Gatyen" (Leinenhosen). Die lederne Geldkatze ist nur noch
in einigen Gemeinden des Comitats gebräuchlich.
Die Häuser sind gewöhnlich aus Holz gebaut, mit hohen Stroh- oder Schindel-
dächern, meist ohne Ranchfang. Auch die Nebengebäude sind aus Holz gefügt.
Die Beschäftigung ist Ackerbau und Viehzucht, doch wird nebenher auch Haus-
industrie betrieben; wo die Waldung nahe ist, haben die Dorfleute auch Broterwerb,
indem sie in den ärarischen Forsten Bäume fällen, das Langholz zu Thale fördern
und es schließlich Verstößen. Die Handwerker bilden ganze Gemeinden; so die Zimmer-
leute, Maurer, Siebmacher und Glaser. Letztere Hausiren auch und sind stets unterwegs,
sie begehen ganz Galizien und einen großen Theil von Rußland. Ciu starker Bruch-
theil der Bevölkerung wandert nach anderen Gegenden aus, um Taglohn zn suchen;
sie finden besonders bei den Budapester Bauten Beschäftigung und kehren mit ihren
Ersparnissen erst im Spätherbst heim, wenn die rauhe Witterung der Bauthätigkeit ein
Ende macht. Die Daheimgebliebenen, meist Frauen, besorgen unterdes die Landwirth-
schaft, auch spinnen und weben sie, der Hallsbedarf au Leinwand und Lodentuch ist ihrer
Hände Arbeit.
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (5), Volume 18
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Ungarn (5)
- Volume
- 18
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1898
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.02 x 21.71 cm
- Pages
- 462
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch