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Höhlen, welche dem Menschen der entferntesten prähistorischen Epoche als Wohnstätte
gedient haben. Der Boden dieser Höhlen war mit Lehmablagerungen bedeckt, dessen
Schichten sich durch Hereinströmen des Wassers gebildet haben. Die unterste, zugleich
älteste Schichte besteht gemeiniglich ans sogenanntem Mammuts- oder Diluviallehm,
einem Niederschlag von gelblicher Farbe, welcher in der vorausgegangenen geologischen
Periode, dem sogenannten Diluvium entstanden ist und reichliche Überreste der Fanna
jener Zeit enthält, wie Mammut, Nashorn, Renthier, Elendthier, Eisbär, seltener Auerochs
und dergleichen. Die höheren Schichten, über derjenigen, welche aus thonartigem
schwärzlichen Erdreich zusammengesetzt ist und die ältesten Überreste der gegenwärtig
lebenden Fauna enthält, haben schon das Gepräge der neuesten geologischen Epoche,
des sogenannten Alluvium, und sind stufenweise gegen die Oberfläche zn immer jünger.
Ältere Steinzei t . Die Mehrzahl der durchforschten Höhlen, welche sich in der
Umgegend von Krakau befinden, enthalten keine Spuren vom Menschen in der ältesten
untersten Diluvialschichte; nur in einigen Höhlen des am meisten gegen Norden gelegenen
Krakauer Gebirgszuges neben der Schlucht Ojeöw und ihren Verlängerungen und
Verzweigungen sind Denkmale menschlicher Thätigkeit in der Diluvialschichte mit den
Überresten der jener Zeit angehörigen Fauna entdeckt worden. Solche Spuren wurden
nämlich iu der sogenannten Mammutshöhle durch I. Zawisza und vorwiegend in der
Maszyeka-Höhle durch G. Ossowski gefunden.
Die Denkmale menschlicher Thätigkeit, welche in der genannten untersten Diluvial-
schichte der Höhlenablagerung gefunden wurden, bestehen ausschließlich aus Werkzeugen,
welche aus Stein, Knochen oder Horn gearbeitet sind. Wir sehen hier große Messer
verschiedener Form aus Feilerstein, anch sogenannte Schaber, welche vermuthlich zur
Reinigung der Thierhäute gedient haben; ferner manche kleine Geräthe aus Feuerstein,
welche wahrscheinlich zur Bearbeitung der Knochengegenstände gebraucht wurden. Von
Letzteren findet man größere Mengen vor, alle ausschließlich aus Knochen der aus-
gestorbenen Diluvialfauna sehr sorgfältig verfertigt. Diese Gegenstände waren entweder
zur Jagd und Bewaffnung, wie die Spitzen zu Lanzen und Wurfspießen, oder zu
Werkzeugen wie die Pfriemen, Spateln und dergleichen bestimmt. Gewöhnlich sind diese
Knochenerzeugnisse mit eingeritzter Linear-Ornamentik verziert.
Die geschilderten Spuren des Menschen in der Diluvialepoche unseres Landes,
wiewohl unzweifelhaft authentisch, sind doch zu gering, um aus ihnen ein vollkommenes
Bild vom Leben dieser ältesten Einwohner zu gewinnen. Nur durch die Vergleichuug
dieser Denkmäler mit denen anderer Gegenden Europas, besonders mit denen im
nachbarlichen Mähren, ist es möglich, zu gewissen Schlußfolgerungen zu gelangen. Man
darf darnach annehmen, daß der Mensch der Diluvialepoche, dessen Spuren man in
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Galizien, Volume 19
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Galizien
- Volume
- 19
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1898
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 16.48 x 22.34 cm
- Pages
- 920
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch