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einigen Höhlen des Gebirgszuges nördlich von Krakan gefunden hat, in der letzten Zeit
der Diluvialperiode gelebt habe, welche den Übergang zur nachfolgenden Epoche bildet,
das ist zu der Zeit, wo die größten und bedeutendsten Thiere der Dilnvialfauua wie
Mammut, Höhlenbär zc. in Europa schon ausgestorben oder nach Norden ausgewandert
waren und nur noch das Renthier mit anderem Wild in den damals üppigen Wäldern
dem Jäger reichliche Beute bot.
Der Mensch der Diluvialepoche ist in unsere Gegenden am wahrscheinlichsten aus
dem mittleren Mähren eingewandert, wo man zahlreiche und viel ältere, bis an die Eiszeit
reichende, Ansiedlnngen desselben mit Knochen des Mammut entdeckt hat. Als das Klima
in der Gegend von Krakau uach dem Abgange der Eismassen, welche vom Norden her bis
in diese Gegenden reichten, schon wärmer geworden war, kam auch der Mensch und
siedelte sich iu den Höhlen nördlich von Krakan an. Ein Nomadenleben führend, ernährte
er sich hauptsächlich von den Ergebnissen der Jagd. Feldbau und Viehzucht waren ihm
noch unbekannt. Auch treffen wir in der diluvialen Schichte der Höhlen bei Krakau keine
Gesäßscherben. Das erlaubt uns zu vermuthen, daß der palaeolithische Mensch der
Krakauer Höhlen die Töpferei, ähnlich wie seine Zeitgenossen aus anderen Gegenden
von Europa, noch nicht kannte. Nach den bis jetzt entdeckten Spuren seiner Thätigkeit
zu urtheilen, besaß der palaeolithische Einwohner galizischer Höhlen sehr viele mit
seinen Zeitgenossen in anderen Ländern Europas gemeinsame Merkmale. Ob er auch
— was seine physische Beschaffenheit und besonders seinen Schädelban anbelangt —
seinen Zeitgenossen aus anderen Gegenden gleichartig oder verwandt gewesen, läßt sich
heute noch nicht entscheiden, weil die bis jetzt entdeckten Überreste zu spärlich sind,
als daß man auf ihnen ein gründliches wissenschaftliches Urtheil bauen könnte.
Jüngere Steinzei t oder neolithische Periode. Die langsame Umgestaltung
der Diluvialperiode, verbunden mit der immer größeren Erwärmung des Klima und den
Veränderungen der Fauna und Flora, ging in Europa stufenweise durch längere Zeit vor
sich, bis sich endlich jene der gemäßigten Zone eigenthümlichen physiographischen Verhältnisse
entwickelten, nnter welchen wir gegenwärtig leben. Geologisch wird das die Alluvialepoche
genannt. Den erwähnten Veränderungen auf dem Gebiete der Natur entsprechend gestalteten
sich auch stufenweise die Existenzbedingnisse des Menschen und seine Lebensweise in Galizien
um. Die Menschheit ist aus der sogenannten palaeolithischen in die sogenannte neolithische
Periode, welche die zweite Hälfte der Steinzeit bildet, übergegangen.
In der Nähe von Krakau hat der Mensch der jüngeren Steinzeit noch längere Zeit
hauptsächlich die Höhlen als Wohnstätten benützt. Später hat er sich hier ähnlich wie in
anderen Gegenden des Landes, in welchen er sich ansiedelte und wo keine Höhlen vorhanden
waren, auch andere Arten von Wohnstätten errichtet: Pfahlbauten oder Wallburgen,
Galizien. 8
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Galizien, Volume 19
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Galizien
- Volume
- 19
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1898
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 16.48 x 22.34 cm
- Pages
- 920
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch