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schimpfliche Joch abwerfen konnten. Auch Daniel vermochte die Demüthigung, die er
erfahren, nie zu verschmerzen; seine und seines Volkes Befreiung war von nun an das
Ziel, dem er nachstrebte nnd das er durch deu Anschluß an die westlichen Staaten zu
erreichen hoffte.
Vor Allem trachtete Daniel in dem furchtbar entvölkerten Lande Ansiedluugeu
durchzuführen und es dnrch Burgen und Städte zu befestigen. Eine Menge der letzteren
wurden entweder aus ihren Trümmern wieder aufgerichtet oder neu gebaut. Unter diesen
waren die bedeutendsten: Chetm, wohin Daniel anch seine Residenz verlegte, und die Stadt,
die er seiuem Sohue Lew (Leo) zu Liebe Lwöw (Lemberg) benannte und die das erstemal
im Jahre 1259 erwähnt wird. Zu Ansiedlern dieser neuen städtischen Gemeinden wurden
besonders Deutsche und Polen herbeigerufen, infolge dessen das fremde Element im Lande
überhandnahm und die rnthenischen Städte fortan ihren nationalen Charakter verloren.
Daniel war auch der erste der rutheuischeu Fürfteu, der ein aufrichtiges Begehren
knndgab, in den Kreis der westeuropäischen Monarchen aufgenommen zu werden. Er
lebte schon lange in freundschaftlichen Verhältnissen mit den Fürsten von Mazovien. jetzt
schließt er Freundschaft auch mit dem Herzog vou Krakau. Er kuüpst ein intimes Verhältniß
mit dem Beherrscher von Lithauen, Mendog an, der das römische Christenthum annahm,
und vermählt seinen Sohn Szwarno mit einer Tochter desselben. Er versöhnt sich nun
auch mit seinem Gegner Bela IV. von Ungarn, dessen Tochter Konstanzia sein Sohn Lew
zur Frau nahm. Er strebt noch weiter hinaus, er vermählt seinen jüngeren Sohn Roman
mit der Erbin der Babenberger Gertrnde und kämpft wegen Österreich mit dem König
von Böhmen Wenzel I., aus welchem Anlasse der rnthenische Chronist nicht umhin kann
rühmend hervorzuheben, daß kein rnthenischer Fürst vor Daniel das böhmische Land
bekriegt habe, weder iswiatoslaw der Tapfere uvch Wladimir der Heilige.
Aber weuu Daniel unter den westlichen Fürsten Platz fiudeu uud vou dort Hilfe
erhalten sollte, so mußte er sich iu die römische Kirche einführen lassen, denn ein griechischer
Christ war nach den damaligen Begriffen kein Christ, svndern ein Schismatiker, einem
Heiden gleich, dem gegenüber es keine Verpflichtungen gab. Das Volk war gewiß nicht
dagegen. Es hatte ja schon einmal, wie wir wissen, seiner Bereitwilligkeit znr kirchlichen
Union Ausdruck gegeben. Der Chronist, dem wir das Meiste, was wir von der Geschichte
dieser Lande wissen, verdanken, ein hochgebildeter und patriotisch gesinnter Mann, dessen
Ansichten wohl als der Ausdruck der damaligen öffentlichen Meinung gelten können, scheint
die Beziehungen Daniels zum Westen nnd die kirchliche Union mit warmer Sympathie
zn verfolgen. Auch Daniels Mutter draug in ihn, sein Bruder Wasylko war dafür, und
da der päpstliche Legat Opizv, die polnischen Fürsten und Herren Hilfe gegen die Heiden
versprachen, so entschloß sich endlich Daniel der Union mit der römischen Kirche beizutreten
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Galizien, Volume 19
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Galizien
- Volume
- 19
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1898
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 16.48 x 22.34 cm
- Pages
- 920
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch