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Dagegen war es Kazimir, der einen lange von dein rnthenischen Volke gehegten
Wunsch znm Vortheil der hierländischen orthodoxen Kirche verwirklichen half. Seitdem
nämlich die Fürsten von Wladimir an der Klasma und dann von Moskau sich die Groß-
fürsteuwürde zueigneten, verlegten auch die Kiewer Metropoliten dorthin ihre Residenz,
infolge dessen alle rutheuischeu Bisthümer in kirchenpolitische Abhängigkeit von Moskau
gerietheu. Daher trachteten die Fürsten von Haliez-Wladimir (Daniel, Georg I.) vom
Patriarchen von Constantinopel die Errichtung einer besonderen Metropolis für Haliez zu
erwirken, jedoch vergeblich. Erst Kazimir gelang es, den Patriarchen Philotens dahin zu
bringen, daß er einen gewissen Antonius zum Metropoliten von Haliez ernannte, der
freilich erst nach Kazimirs Tode in: Jahre 1371 von Constantinopel heimkehrte. Es ist
uns ein griechischer Brief erhalten, den Kazimir mit einer Empfehlung für diesen Antonius
an den Patriarchen richtete und dessen ehrerbietiger Ton kaum errathen läßt, daß er von
einem katholischen König an das Oberhaupt der „schismatischen" Kirche geschrieben ist.
Der König nennt sich hier ehrfurchtsvoll den Sohn des obersten ehrwürdigsten Patriarchen,
er stellt ihm eindringlich vor, daß sein rnthenisches Land ohne Kirchengesetz zugrunde gehe,
er bittet, der Patriarch möge dem Antonius seinen Segen ertheilen, damit der rnthenische
Ritus nicht versalle und verdorben werde, er schließt mit der Warnung, daß er sonst
genöthigt sein werde, die Rnthenen im lateinischen Glauben zu taufen, da das Land ohne
Gesetz nicht bestehen könne. Man kann sagen, Kazimir war mit dieser Anffassnng seinem
Zeitalter weit vorausgeeilt.
Kazimir starb im Jahre 1370, ohne Söhne zu hinterlassen, und König Ludwig
von Ungarn erhielt nun Polen und mit ihm auch Rothruthenieu. So cutstand ein großes
Reich, das die glänzendste Znknnft zu haben schien, das eine feste Schutzmauer gegen
die Barbaren des Ostens werden konnte und seinen Monarchen eine eivilisatorische Stellung
im Osten in Aussicht stellte, die derjenigen der römisch-deutschen Kaiser im Westen Enropa's
gleichkam. Aber Ludwig hatte audere Pläne, indem er jede der beiden Kronen zur Aus-
stattung für je eine von seinen Töchtern bestimmte, infolge dessen künftighin die Union
von Ungarn und Polen gelöst werden sollte. Dadurch entstand zugleich die Frage, zu
welcher der beiden Kronen Haliez-Wladimir geschlagen werden sollte, eine Frage, die bei
dem Vergleich von 1350, dessen Voraussetzung die ewige Vereinigung der beiden Reiche
bildete, nicht vorhergesehen war. Ludwig stellte sich auf den Standpunkt dieses Vertrages
und beschloß, das Land Ungarn einzuverleiben, gab es aber einstweilen, offenbar um die
Polen nicht zu sehr zu reizen, seinem Vertrauten, dem Herzog Wladislaus von Oppeln
zu Lehen, welcher auf diese Weise durch sieben Jahre (1372 bis 1379) Rothrnthenien als
Vasall Ludwigs verwaltete. Diese Verwaltung hat ein rühmliches Andenken hinterlassen,
indem Wladislaus, im Geiste Kazimirs fortfahrend, eifrig bemüht war, den Wohlstand
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Galizien, Volume 19
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Galizien
- Volume
- 19
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1898
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 16.48 x 22.34 cm
- Pages
- 920
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch