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seines „Pflegers". Gewisse Krankheiten, wie z. B. der Kottun (Weichselzopf) oder das
Goöciec (Gliederreißen) sind gleichfalls böse Geister, welche den Leib des Menschen befallen.
Der Weichselzopf kündigt sich durch das Einsitzen der Haare auf dem Kopfe an und ist nur
ein äußeres Zeichen davon, daß der Gosciee in ihm sitzt. Würde man den Weichselzopf
auseinanderkämmen, so würde der Gosciec böse; es entsteht ein entsetzliches Reißen in
den Gliedern und der Mensch kann sterben. Es ist daher am besten, den Weichselzopf
in Ruhe zu lassen, bis er sich ordentlich einzieht und ablöst. Dann erst darf man
ihn abscheeren, und zwar zur Mittagszeit an einem vollkommen heiteren Tage. Den
abgeschnittenen Weichselzopf trägt man in einem Säckchen auf der Brust bis zum
Charfreitag oder Charsamstag. Am Charfreitag kann man ihn in einen Sumpf einsenken,
am Charsamstag aber unter einer Saalweide vergraben. In beiden Fällen muß man ihm
eine gewisse Münze ins Säckchen beigeben oder ihn mit Branntwein besprengen. Auf diese
Art läßt der begütigte Kottun (Weichselzopf) den Menschen in Ruhe und theilt sich dem
Sumpfe oder der Weide mit, welche dann auch verdorrt.
Man hat den Koltun oftmals gesehen, wie er sich in diese oder jene Hütte einschlich,
wo er in jemanden hineinfahren wollte. Er sieht aus, etwa wie ein großer Maulwurf
oder wie eine große Maus. Man fängt ihn jedoch am leichtesten durch die Beschwörungen
irgend eines durchwandernden bösen Menschen, oder indem man ihn aufschreckt, wenn
man ihn ini Snmpfe oder unter der Weide findet, wohin ein Anderer ihn geworfen. In
diesem letzteren Falle darf man weder über ihn steigen, noch das bei ihm befindliche Geld
wegnehmen, noch auch ihn auf irgend eine andere Art berühren, denn er wird sich rächen
und in den Menschen hineinkriechen. Einst nahm ein junger Bursche dem Kottnn einen
Kreuzer auf eine Cigarette; aber kaum hatte er diese ausgeraucht, so fing es sofort an, ihn
in den Gliedern zu reißen. Es war noch gut, daß der Hauswirth des Burschen das
erkannte und diesen anhielt, dem Kottnn Abbitte und Genugthuung zu leisten, denn sonst
wäre der Bursche zeitlebens ein Krüppel geblieben. Seine Abbitte lautete nun folgender-
maßen: „Liebes Kottunchen, ich habe Dir aus Dummheit den Kreuzer weggenommen, ich
weiß aber schon, was das bedeutet und bedanre es sehr; erbarme Dich meiner, da hast Du
anstatt dieses einen Kreuzers gar sünfe und laß mich nicht zu Schaden kommen."
Zauberer und Zauberinnen gibt es natürlich ohne Zahl. Die Zauberinnen sind
namentlich dadurch schädlich, daß sie den Kühen die Milch entziehen oder verderben, und
zwar durch ihre Verbindungen mit den Teufeln. Die Zauberinnen kennen sich unter-
einander, denn an jedem Freitag vor Sonnenaufgang halten sie an den Dorf-, Feld-
oder Hntweidegrenzen Versammlungen und Berathungen ab. Auch haben sie einmal im
Jahre gemeinschaftlich mit den Teufeln eine Hauptversammlung, und zwar am Char-
freitag vor Sonnenaufgang. Bei dieser Zusammenkunft brauen sie verschiedene Kräuter und
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Galizien, Volume 19
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Galizien
- Volume
- 19
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1898
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 16.48 x 22.34 cm
- Pages
- 920
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch