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Erde finden. Hat er einen Ring darübergeworfen, so muß er „fingertief" graben, hat er
Stiefel hingeworfen, so ^rabt er „bis an die Knie", einen Gürtel, „bis an den Gürtel",
hat er aber die Mütze geworfen, so muß er in der Höhe eines Menschen graben.
Zur Erinnerung an Christi Einzug nach Jerusalem waren ehemals Schaustücke
gebräuchlich, welche, wie viele andere, nachdem sie von der Schuljugend ausgegangen
waren, auf das Volk im allgemeinen übergingen und unter dem Namen „Puheruiki"
und „Koniarze" bekannt waren. Die „Pnherniki" (pueri) waren närrisch verkleidete
Bauernknechte. Sie gingen am Palmsonntag von Haus zu Haus, sagten lustige Ansprachen
her und erhielten Geschenke. Die „Koniarze" unterscheiden sich von den Vorhergehenden
nur dadurch, daß sie anstatt zu Fuße zu gehen auf künstlich gezimmerten Pferden geritten
kamen. Wie aus den erhaltenen Ansprachen hervorgeht, traten die Puheruiki, sowie auch
die Koniarze anfangs in Begleitung von zwei oder mehreren Personen auf, welche deu
ihnen zugetheilten Rollen angemessen verkleidet und eingeübt waren.
Die Osterwoche gab hinwieder Anlaß zu vielen Schaustücken und Gebräuchen,
welche sich bis zum heutigen Tage erhalten haben. So machen sich am letzten Mittwoch
zur Zeit der Frühmette, wenn nach Absingung eines jeden Psalmes eine Kerze am Altar
ausgelöscht wird und die Priester mit den Brevieren an die Bänke schlagen, übermüthige
Bursche vor der Kirche einen Spaß „mit der Katze". Schon vorher hatten sie einige Töpfe
auf einen Baum gehängt. In einem davon aber, den sie mit Asche angefüllt haben, ist eine
Katze eingeschlossen. Nun wirft Einer aus der übermüthigen Schar die Töpfe auf die
Erde. Sie zerbrechen mit großem Getöse und die erschreckte Katze nimmt Reißaus unter dem
Lachen und Lärmen der halbwüchsigen Burschen.
Am Gründonnerstag gab es das Spiel mit dem „Judas". Die jungen Bursche
machten einen mit Leinwand überzogenen Strohmann und hängten ihn in dieser Nacht
an einen Baumast vor der Kirche auf. Nach der Mette „schnitten sie ihn ab", schleppten
ihn durch die Gassen, schlugen ihn und ertränkten ihn endlich im Bache. Dieser Brauch
hatte sich bis in die jüngste Zeit im Ropczycer Bezirk erhalten, und er war es auch
wohl, welcher den polnischen Chronisten (Dtugosz, Bielski) zn einer Sage Anlaß gab,
aus welcher einige kritiklose Ethnographen gar zu weitgehende Folgerungen ableiteten, wie
z. B. daß diese Belustigung ein Überbleibsel aus heidnischer Zeit sei, die Grablegung des
Winters und zugleich die Begrüßung des Frühlings darstelle.
Am Charsreitag wird in allen Kirchen das heilige Grab aufgerichtet, wohin sich die
Andächtigen eifrig drängen, um ihre Gebete zu verrichten.
Zu Mitternacht zwischen dem Gründonnerstag und dem Charsreitag reiten die
Hexen, auf Spaten sitzend, dreimal rücklings um die Kirche herum, damit es ihnen bei der
Milchwirthschaft glücke. Abergläubige waschen sich zwischen der ersten und der zweiten
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Galizien, Volume 19
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Galizien
- Volume
- 19
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1898
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 16.48 x 22.34 cm
- Pages
- 920
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch