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entschieden ihre enge Verwandtschaft mit der Bauart der deutschen, besonders der süd-
deutschen Städte. Mächtig und doch leicht emporstrebende Thürme, hohe Giebel und
Spitzbogen gaben der Stadt Krakau auch im Äußeren den Charakter einer deutschen Stadt.
Die ausgiebigste Quelle des Wohlstandes bot aber nicht das Gewerbe, sondern der
Handel. Neben dem Reichthum verlieh er auch Welt-und Geschäftskenntniß; er bannte
den Sinn nicht in das Weichbild der Stadt, sondern gewährte eine weite Aussicht in die
Ferne und bildete Menschen heran, die ob ihrer Gewandtheit und Geschicklichkeit von den
Landesfürsten hoch geschätzt und zu den schwierigsten Posten berufen wurden. Ihre Oberen,
die Krakauer Gilde, wurden alljährlich von dem Rathe gewühlt. Unter diesen finden wir
bis weit ins XV. Jahrhundert nur ausschließlich deutsche Namen, so z. B. im Jahre 1412:
Nikolaus Gemelich, Wenyngnerten, Jorge Schiler, Petrus Kaldberg, Jorge Moreustein,
Paul Homan. Die Rathsherrenstühle nehmen im Verlause des XV. Jahrhunderts auch
vorwiegend deutsche Familien ein, und zwar wiederholen sich da die Namen der reichen
Kaufherrendynastien Bochuer, Borg, Myuhard, Platener, Arnsberg. Czirl, Werzing,
Falkenberg. Langinclos, Kezinger, Salomon, Swarz, Kisling, Serafin, Fuggar, Betmau
und Boner; von polnischen Namen sind nur zwei zu finden.
Einzelne von den genannten Familien waren schon im XIV. Jahrhundert zu Macht
und Reichthum gelaugt; war es doch ein Werzing (Vierzing, Wierzyuek), welcher (nach
Dtugosz) den Landesherrn König Kazimir den Großen, den Kaiser Karl IV. und andere
gekrönte Gäste au seiner Tafel bewirthete und mit herrlichen Geschenken bedachte. Gern
half er auch den Fürsten in der Noth mit großen Geldsummen aus.
Seit der Regierung der Jagieklonen stieg noch die Bedeutung der Krakauer Bürger.
Bei jeder Thronbesteigung und der hiermit verbundenen Huldigung wurden ihnen die alten
Privilegien erneuert und neue hinzugefügt, so daß sie dem Landadel an Rechten ganz
gleichgestellt wurden, besonders seit ihnen unter Johann Albert (im Jahre 1492 iei-ia
«zuinta pvst lestuin oinnium Lanetorum) das Privilegium eoaetzualionis cum regni
nobilibus, ila ut nullam solvant exaetioiiem ertheilt wurde.
Hätten die von deutschen Bürgern bewohnten Städte zusammengehalten und einander
gegenseitig unterstützt, so hätten sie wohl auf lange Zeit eine Macht gebildet, die kaum zn
beugen gewesen wäre. Jedoch der in Stadtgemeinden so leicht entstehende Partikularismus,
egoistische Tendenzen, Neid und Eifersucht ließen kein gemeinsames Band erstarken und so
kam es, daß beim ersten Anprall des Landadels gegen das Ansehen und die Macht der
Stadtbürger die Städte vereinzelt dastanden. Dieser Anprall galt zunächst der Stadt
Krakau, aber mit den Privilegien der Hauptstadt fielen auch die der anderen Städte. Den
Anstoß bot bereits ein Ereigniß aus dem Jahre 1461. Ein Ritter, Andreas T^czynski,
gerieth in Streit mit einem bürgerlichen Schwertfeger; von Zorn hingerissen versetzte er
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Galizien, Volume 19
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Galizien
- Volume
- 19
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1898
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 16.48 x 22.34 cm
- Pages
- 920
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch