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Holzmaterial zur Verfertigung von Hauswirthschafts- und Ackerbangeräthen, sowie mit
der Zurichtung von Brenn- und Bauholz. Ferner wnrden Schafhäute zu Pelzen, Häute
von anderen Thieren zu Stiefeln und sonstigem Hausbedarf verarbeitet.
Stroh, Schilf, Weide, Holzwurzelu wurden zu Körben und zn verschiedenen Haus-
geräthen verwendet. Wo die Ortsverhältnisse günstig waren, wurde Lehm gegraben, im
Garten uach altem Gebrauch ein Töpferofen gebaut und das nöthige Geschirr verfertigt.
Wir sehen aus dem bisher Gesagten, daß das Bauernhaus eigentlich eine
Werkstätte der verschiedenartigsten Gewerbezweige ist oder war. Diese ganze gewerbliche
Thätigkeit, alle diese Erzengnisse haben im ganzen Lande ein Ziel gehabt: die Befriedigung
eigener Bedürfnisse.
Diese Bedürfnisse waren in verschiedenen Gegenden verschieden. Die zur Befriedigung
der Bedürfnisse der Dorfbewohner einer bestimmten Gegend dienenden Gewerbe wurden
in der Regel alle im eigenen Dorfe betrieben, indem jede einzelne Familie nach Maßgabe
der Handfertigkeit ihrer Mitglieder und ihrer alten Tradition in diesem oder jenem
Gewerbe vorzugsweise arbeitete.
In jedem Dorfe sind Familien, welche Hanf und Flachs weben, in Gegenden, wo
das gebräuchlich ist, auch Wolle; ferner gibt es Schuster, Schneider, Schmiede, Wagner,
Korb- nnd Strohflechter, Ziminerleute ?e. Ein jeder von ihnen deckt die Bedürfnisse seiner
Familie und jene seiner Nachbarn. Alles Rohmaterial lieferte die eigene Wirthschaft oder
doch die nächste Umgebung; von auswärts wurden nur Salz und Eisen bezogen. Die
Hauptbeschäftigung aller dieser Familien ist und bleibt immer die Landwirthschaft und
nur die von der landwirthschaftlichen Beschäftigung freie Zeit wird anders verbraucht.
In allen diesen Erzeugnissen herrscht die alte Sitte und die alte Tradition.
Aus dem bisher Gesagten ergibt sich das Wesen der galizischen Hausindustrie:
die Hauptbeschäftigung des Landbewohners bleibt immer die Landwirthschaft in allen
ihren Zweigen. Diese gibt ihm Lebensmittel und Rohstoffe, aus denen er mit Hilfe
seiner Familie seine Kleidungsstücke und sein Geräth verfertigt. Die gewerbliche Arbeit,
das Verarbeiten der Rohstoffe ist eine Neben- und zwar eine Winterbeschäftigung. Verkauf
nach außen findet nur statt, iusoferue der Bauer bei günstiger Ernte den Überschuß der
für die Ernährung seiner Familie erforderlichen Prodnete oder auch in ähnlichem Falle
ein Stück Leinwand, ein Stück Tuch, einen von ihm gewebten „Kilim", einen von ihm
geformten und gebräunten Krug, den er für sich und seine Familie im Augenblick nicht
braucht, veräußert.
Schon bei der flüchtigsten Betrachtung läßt sich erkennen, daß der Bauer aus
verschiedenen Gegenden Galiziens eine große Verschiedenheit der Tracht und Typen
aufweist, nnd da diese Trachten früher insgesammt und jetzt noch in vielen Gegenden
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Galizien, Volume 19
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Galizien
- Volume
- 19
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1898
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 16.48 x 22.34 cm
- Pages
- 920
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch