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inmitten der Nachbarstaaten, die es mit vollem Bewußtsein zu behaupten wußte. Eine
wahrhaft organische Entwickelung der Gesellschaft wird durch eine weise Gesetzgebung
möglich gemacht und eingeleitet. Der Machtstellung nach außen entspricht der innere
ökonomische Wohlstand und Fortschritt. Das Werk des großen Königs wird durch die
Pflege vervollständigt und gekrönt, die er der Wissenschaft widmet. Im Jahre 1364
gründet er die Krakauer Universität, anfangs zwar unvollständig, der theologischen Facultät
entbehrend und juridischen Studien vorwiegend gewidmet. Doch läßt sich ein Einfluß dieser
Hochschule auf die Entwickelung der Literatur zunächst nicht wahrnehmen, zumal sie unter
Kazimirs Nachfolger, dem ungarischen Ludwig, zeitweise in Verfall gerieth. So hat das
XIV. Jahrhundert wiederum nur ein größeres Werk, und zwar abermals ein historisches
aufzuweisen. Jauko von Ezarnköw, Archidiaeonns von Gnesen und Vice-Kanzler des
Reiches, schildert die Zeiten Kazimirs und dessen Nachfolgers mit Lebendigkeit und Talent,
besonders aber mit unverkennbarem politischen Scharfblick.
Das Jahrhundert schließt mit der Heirat der Königin Hedwig, mit Lithauens
Bekehrung zum Christenthum und dessen Vereinigung mit Polen. Durch dieses politische
Meisterstück wird das ehemalige Piastenreich znr ersten Macht im östlichen Europa. Das
Culturleben Polens entwickelt sich im gleichen Schritt mit dem politischen. Am Eingang
des nenen Jahrhunderts (1400) wird die Krakauer Universität vom König Jagietto
vervollständigt und neu organisirt. Er erfüllte dadurch den letzten Willen seiner hin-
geschiedenen Gemalin, der Königin Hedwig (gestorben 1399). Papst Urban V. genehmigte
die Gründung einer theologischen Facultät. Von nun an wächst die Universität rasch empor.
Ihre Matrikeln weisen zahlreiche Schüler aus den Nachbarländern auf. Fremde Scholaren
ziehen nach Krakau, von dem Ruhm der hiesigen Professoren gelockt, und bewerben sich
um die Ehre, Hierselbst als Extrauei vortragen zu dürfen. Auf das Konstanzer Concil
werden Krakauer Professoren berufen; einer derselben, Pau lus Vlodimiri , vertheidigt
daselbst vor Papst und Kaiser die Sache des polnischen Königs gegen den deutschen
Orden in einer ausgezeichneten Abhandlung „cks pvteswte ?apae et Imperatoris respectu
Inti«1eliurn".
Allmälig dringt das Studium der classischen Autoren ein. Als ältester Humanist
gilt in Polen Gregor von Sanok, zuerst Secretär des bei Warna gefallenen Königs
Wtadystaw, dann Baccalanrens und Professor der Philologie an der Krakauer Universität,
znletzt Erzbischos von Lemberg. In seiner Denk- und Lebensart jedenfalls mehr Humanist
als Bischof, ein leidenschaftlicher Bewunderer der römischen Dichter, ja gelegentlich ihr
freilich nicht gediegener Nachahmer, ist er ein eifriger Gönner des von der römischen Curie
verbannten Humanisten und Dichters Phi l ipp Callimachns (Buonacorsi), der seine
Dankbarkeit nach Gregors Tode durch Abfassung einer Lebensbeschreibung bezeugte.
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Galizien, Volume 19
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Galizien
- Volume
- 19
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1898
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 16.48 x 22.34 cm
- Pages
- 920
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch