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Woronicz hoch geschätzt, und in der That läßt sich in einigen seiner Hymnen ein
feierlicher, majestätischer Ton nicht verkennen. Auch war er seit langer Zeit der erste, der
es verdient, als kirchlicher Redner genannt zu werden. Ju l i an Niemeewiez (geboren
1757), während des Verfassungsreichstages Abgeordneter und eines der eifrigsten Mit-
glieder der Reformpartei, deren Grundsätze er in Zeitungsartikeln, Versen, Flugschriften, ja
Lustspielen verbreitet, mit Koseiuszko bei Maciejowice gefangen genommen, dann von Kaiser
Paul mit demselben freigelassen und mit Koseiuszko nach Amerika übersiedelt, kehrte jetzt
zurück und gehörte dnrch unermüdliche Wirksamkeit, wie durch leidenschaftliche Vaterlands-
liebe zu den einflußreichsten Persönlichkeiten jener Zeit. Als Schriftsteller ein eklektisches
Talent, dem Alles möglich ist, nichts aber vollkommen gelingen will. Die Erinnerung an
schottische Balladen mag ihm wohl vorgeschwebt haben, als er die Historischen Gesänge
dichtete. Im Jahre 1826 nach Staszyes Tode wurde er Präsident der obenerwähnten
Gesellschaft. 1831 wurde er in einer Mission nach London geschickt, und starb zu Paris 1841.
Mit ganz besonderem Eifer wandte man sich der dramatischen Muse zu. Man fühlte
sich gedemüthigt, im Gegensatz zu anderen Literaturen kein nationales Trauerspiel zu
besitzen. Eine Bühne, um die neuen Stücke aufzuführen, und zwar eine ganz gute,
war da. Boguslawski war immer noch Theaterdireetor und bildete neue ausgezeichnete
Schauspieler heran. (Kndlicz, Werowski, Szymanowski, Panezykowski, Zötkowski der
Vater, Frau Ledöchowska, Palczewska, später Zuezkowska-Halpert u. s. w.) Es wurden
daher viele Trauerspiele gedichtet, von denen aber nur ein einziges, die Barbara
Radziwi t l des Alois Felinski wenn nicht den Stücken Raeiues, so doch denen
Voltaires gleichgestellt werden kann, und sich bis jetzt noch auf dem Repertoire behauptet.
Neben Felinski ist als dramatischer Dichter Franz Wxzyk zu nennen. Er wurde im
Jahre 1785 geboren, studirte an der Universität Krakau, übersetzte schon damals den
sophokleischen Ödipus, den er in späteren Jahren merklich verbessert hat, erwarb
sich durch seiue Oden und durch ein beschreibendes Gedicht: Die Umgegend von Krakau
großen Ruhm, fühlte sich aber am stärksten zur dramatischen Dichtkunst hingezogen. Seine
Trauerspiele (alle historisch) sind freilich dem französischen Typus nachgebildet; doch war
ihm das deutsche Drama und die deutsche Ästhetik keineswegs fremd. Sonderbarerweise
erscheint Wxzyk in seinem späten Alter viel selbständiger und talentvoller als in seiner
Jugend. Seit 1831 in Krakau ansässig, hörte er nie zu dichten auf, obwohl er aus Scheu
vor dem alleinherrschenden Romantismus nur äußerst wenig drucken ließ. Durch lange
Jahre Präsident der Krakauer Gelehrtengesellschaft hat Wxzyk viel für die Erbauung des
Hauses derselben (jetzt jenes der Akademie) gespendet. Er starb zu Krakau im Jahre 1862.
Ihm znr Seite steht sein langjähriger trener Freund und Gesinnungsgenosse, den
neuen Ideen aber weniger zugänglich, vielmehr der starrste, dabei aber auch der talentvollste
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Galizien, Volume 19
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Galizien
- Volume
- 19
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1898
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 16.48 x 22.34 cm
- Pages
- 920
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch