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mittelalterlicher Glanz seit der Mitte des XV. Jahrhunderts infolge der Eroberung
Constantinopels durch die Türken und der dadurch entstandenen Schwankungen im
Handelsverkehr erheblich herabgemindert war, ruft mau, obwohl es dort keinen Mangel an
Malern gibt, in Fällen, welche die Grenzen ihres Könnens überschreiten, Mitglieder der
Krakauer Znnft und übergibt ihnen die wichtigeren Arbeiten. Zu Ende des XVI. Jahr-
hunderts hören wir dort schon von polnischen Namen, die in den zeitgenössischen Chroniken
gelobt werden. Wir müssen annehmen, daß diese Künstler, deren Arbeiten wir übrigens
nicht kennen, dem Geiste der Zeit angemessen, in den Fußtapfen der niederländischen
Renaissance wandelten.
Wir haben oben bemerkt, daß es unmöglich sei, jene Namen, welche uns die
schriftlichen Quellen übermittelt haben, mit den Gemälden des Mittelalters in Zusammen-
hang zu bringen. In einer weit glücklicheren Lage befinden wir uns angesichts der
Miniaturen, dieses in jener Zeit so wichtigen Zweiges der Malerei. Wir besitzen Codices
mit Miniaturen, welche mit Daten und Namen der betreffenden Künstler versehen
sind, und unter diesen finden wir schon in der zweiten Hälfte des XV. Jahrhunderts
polnische Namen. Die Miniaturmalerei blühte in Krakau seit dem XIV. Jahrhundert.
Die reichen Büchereien der Beuedictiuer am Tyniec bei Krakau, der Cistereienser in
Mogita ebenda, endlich das Kloster der Dominicaner in Krakau selbst besaßen die nur iu
letzterem in Überresten aufbewahrten mächtigen, mit Gold und Farben ausgeschmückten
Kirchenbücher mit prächtigen Miniaturen auf Pergament, welche vornehmlich von dortigen
Mönchen gemalt sind, deren Namen wir kennen. Die Weltgeistlichen an der Kathedrale
und an der Marienkirche beschäftigten sich gleichfalls mit Miniaturmalerei, in welcher
Kunst Bartholomäus, der Saeriftau dieser letzteren Kirche, um das Jahr 1482 Unterricht
ertheilte. Umsomehr befaßten sich hiermit die weltlichen Maler, welche zur Krakauer
Zunft gehörten, und neben ihnen die sogenannten „Kartowniki" oder „Briefmaler".
Zu den bedeutendsten Miniaturmalern der ersten Jahre des XVI. Jahrhunderts
gehört „Stanislaus Capellanns ex Mogila", welcher um 1522 bis 1533 Horarieu
und Gebetbücher für den Hof ausschmückte. Aus seiner Werkstatt gingen, wie es
scheint, die prächtigen Andachtsbücher des Königs Sigismund I. und der Königin Bona
hervor, welche im britischen Museum in London nnd zu Oxford aufbewahrt sind, mit dem
deutlichen Gepräge der Renaissance nnd Reminiscenzen, welche die Schule Dürers verrathen.
Das National-Mnseum in München besitzt ebenfalls ein Andachtsbuch, welches nach der
allgemeinen Annahme gleichfalls Sigmund dem Alten gehört haben soll, während es in
Wirklichkeit das Gebetbuch des Krakauer Bischofs Chojenski ist, der im Jahre 1538
starb. Seine zahlreichen Miniaturen, welche einen viel geringeren künstlerischen Werth haben
als jene, welche für den königlichen Gebrauch entstanden, sind mit vielerlei Monogrammen
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Galizien, Volume 19
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Galizien
- Volume
- 19
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1898
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 16.48 x 22.34 cm
- Pages
- 920
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch