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und römischen, also abermals italienische Manieristen Einfluß auf die Schöpfungen unseres
Landes aus. Die polnischen Maler, welche im Auslande zu lernen suchen, zieht zuerst
Gerard de Lairesse, später aber Carlo Maratta an sich. Aus ihrer Schule gehen die ersten
polnischen Künstler hervor, welche einen größeren Ruf erwerben nnd größere Bedeutung
haben als ihre Vorgänger. Ein Schüler Görard de Lairesse's ist der in Krakau geborene
Bogdan Lubieniecki, ein bekannter Genremaler, Landschafter nnd Kupferstecher. Er arbeitet
vornehmlich in Holland und Deutschland, tritt in den Dienst des großen Kurfürsten in
Berlin, und obgleich er gegen das Ende seines Lebens in die Heimat zurückkehrt, hinterläßt
er hier so spärliche Spuren seines Schaffens, daß von ihm stammende Gemälde in den
Sammlungen Polens zu den Seltenheiten gehören. Weit wichtiger für das Land ist die
Thätigkeit zweier Schüler des Maratta, deren Leben nnd Arbeit schon dem XVIII. Jahr-
hundert angehören. Es sind dies: S imon Czechowitz, der beste kirchliche Maler, welchen
Krakau hervorgebracht, und der für seine Zeit der Kraft nnd des Charakters nicht
ermangelnde, auch aus Krakau stammende T haddäus Konicz. Czechowitz hinterließ in
verschiedenen Kirchen Krakau's und des Landes, namentlich in Podhoree bei Lemberg eine
Anzahl von Gemälden. Seine bedeutendste und reifste Thätigkeit aber ist mit Wilno nnd
Warschan verknüpft, in welch letzterer Stadt er, nachdem er das Habit eines Laienbruders
im Kapuzinerkloster genommen, in hohem Alter stirbt. Bei einer gewissen Süßlichkeit, die von
der Schule, aus welcher er hervorging, untrennbar ist, bei einer gewissen Eintönigkeit der
sich immer wiederholenden Fignren und Typen versteht er doch in unendlichen Variationen
eines und desselben Themas den besten seiner Schöpfungen eine gewisse stille, musikalische
Stimmung zu verleihen, welche sich dem Beschauer mittheilt und zu seiner Seele spricht.
Konicz, eigentlich Kunze, welcher ans einer deutschen, in Krakau ansässigen Familie
stammt, ist kräftiger im Colorit, getreuer in der Wiedergabe der Natur, hat mehr Energie
und Lebenswahrheit, allein viel weniger Feinheit und Zartheit der Empfindung. Die
Missionskirche in Krakau besitzt die besten seiner Bilder, außerdem ist vieles in Privat-
sammlungen erhalten. Die Malerei sowohl des XVII. als auch des XVIII. Jahrhunderts
hat einen zu dekorativen und nachahmenden, überhanpt einen zu oberflächlichen Charakter,
um ein wirklicher Ausdruck des Lebens und der nationalen Eigenthümlichkeiten sein zu
können. Sie ist eine durchaus kosmopolitische und trotz der polnischen Namen, die mit ihren
Schöppingen verknüpft sind, ihrer Wesenheit und ihrem Inhalte nach weit weniger
krakauisch und polnisch als die Malerei der ersten Hälfte des XVI. Jahrhunderts. Aller-
dings prägt sich in Ezechowiez und namentlich in Konicz der loeale Charakter etwas deutlicher
aus. Letzterer ist trotz seiner deutschen Abstammung der am meisten polnische unter allen
zeitgenössischen Künstlern. Allein es ist eben schon eine Zeit des Niederganges, nicht nur
der Kunst, sondern anch des Landes, was auf allen Gebieten fühlbar werden mußte.
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Galizien, Volume 19
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Galizien
- Volume
- 19
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1898
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 16.48 x 22.34 cm
- Pages
- 920
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch