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Es ist charakteristisch, daß in einer Zeit, da die Polenkönige fremde Maler an ihre Höfe
beriefen, polnische Künstler oftmals ein Feld der Thätigkeit auf fremdem Boden suchen
mußten. Lubieniecki's Schöpfungen sind, sowie auch sein Leben, vollständig von der
Heimat losgerissen; Koniez aber, der gegen sein Lebensende nach Rom und Spanien ging,
kehrte von dort nicht mehr zurück.
Der Charakter der Plastik ist in dieser Epoche von denselben oder ihnen verwandten
Richtungen beeinflußt. Ein uns unbekannter Meister meißelte 1620 in Stein die Barock-
figuren der Apostel vor der Fa^ade der Peterskirche in Krakau und in den letzten Jahren
des Säeulums deeoriren die äußerst tüchtigen Stnecatoren Brüder Fontana aus Como mit
großer Verve die Annenkirche daselbst. Einheimische, aus deutschen Schulen hervorgegangene
Steinmetze bekleiden mit ziemlich grober, doch eines gewissen decorativen Effects nicht
entbehrender Plastik die Kapelle der Familie Bonn an der Kathedrale in Lemberg. Die
vornehmste Rolle jedoch spielt der talentvolle Bildhauer Johann Psister, welcher, aus
Breslau stammend und in Polen angesiedelt, in den Jahren 1612, 1626 bis 1640 in
Lemberg eine berühmte Werkstätte besaß. Er hat die prächtigen Grabmäler der Fürsten
Ostrogski in Tarnow ausgeführt, ebenso die schönen Grabmäler der Familie Sieniawski
in Brzezany bei Lemberg. Besonders das erste dieser Denkmäler mit seinen kolossalen
Proportionen, mit seinem Marmor und Alabaster, welche hier und da durch Vergoldung
und Farben belebt sind, überrascht durch pomphaften Schmuck und malerische Wirkung.
Am bezeichnendsten aber ist es für diese Zeit, daß die Bronzetechnik, welche im
XVI. Jahrhundert in Krakau so ausgezeichnete Repräsentanten hatte, nun verfällt, keine
Kräfte mehr im Lande findet und daß die meisten Metallwerke, welche die Grenzen der
Goldschmiedekunst überschritten, nun nicht mehr aus Nürnberg, dessen Kunstleben seine
weittragende Bedeutung verloren hatte, sondern aus Danzig verschrieben wurden. Diese
nordische Seestadt, die zum Gebiete des polnischen Reiches gehörte, spielt in dieser Epoche
eine ähnliche, wenn nicht dieselbe Rolle in Bezug auf die Culturbedürfnisse des Landes, wie
sie ehemals der Mittelpunkt des Kuustlebeus an der Pegnitz gespielt hatte. Es scheint, daß das
in der Marienkirche zu Krakau befindliche Bronzedenkmal des Krakauer Insassen Erasmus
Danigiel aus dem Jahre 1624, welches durch Adel und Einfachheit der Komposition an die
alten, glänzenderen Zeiten erinnert, in Danzig verfertigt worden ist. Das schwere Barock-
gitter in der Wasakapelle der Kathedrale, das im Jahre 1673 von Michael Weinhold in
Bronze gegossen worden, ist auch eine Danziger Arbeit, wie dies die darauf angebrachte
Inschrift bezeugt. Die Zinnsärge in den Königsgräbern mit den reichen getriebenen und
figürlichen Darstellungen sind meistentheils von Danziger Herkunft. Endlich sei auch der in
der Kathedrale stehende silberne Sarg mit den Reliquien des heiligen Stanislaus erwähnt,
welcher in Basrelief Scenen aus dem Leben und der Wunderthätigkeit des Heiligen darstellt,
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Galizien, Volume 19
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Galizien
- Volume
- 19
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1898
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 16.48 x 22.34 cm
- Pages
- 920
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch