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der Suhardzel- und der Luczinakette in Reih und Glied stellen. Wahrhaft entzückend ist
dieser Anblick bei wolkenlosem heiteren Himmel! Theils steil, theils allmälig steigen diese
Bergkolosse aus der Thalsohle; wo sie es vermögen, dort gewähren sie Hütten und Häusern
einigen Raum, ja sogar hie und da einem dürftigen Obstgarten, der hinter dem Hause steht.
Aber dann schwellen sie rasch an, und erheben sich, durch Wasserstürze vielfach zerrissen,
zu stattlichen Höhen. Von einer wirklichen Bewaldung kann keine Rede sein; die Seiten
sind kahl und felsig, blos hie und da zieht sich eine Baumgruppe kettenartig durch eine
Abhangsrinne. So ist die Ansicht auf der ganzen Linie. Die Vorderreihe, die der
Ouszor (1642 Meter), der Bernarel (1324 Meter), die Gura Pleile (1546 Meter) u. a.
bilden, gleicht einer riesigen Burgmauer, aus welcher die Kuppen wie gewaltige Thürme
hervorragen. Hinter diesen Thürmen erheben sich die Spitzen anderer rückwärts stehender
Berge, bald höher, bald minder hoch. So der Suhardzel (1709 Meter), die Butja
Armanului (1565 Meter) zc. Zu diesen Bergmassen, die ein mächtiges Kalklager bilden, mit
dem sich der Glimmerschiefer, der Gneis und die Hornblende vereinigen, gesellen sich noch
zahlreiche Erhebungen der siebenbürgischen Randgebirge, so der Runcu Dunczrilor (1632
Meter) in Siebenbürgen, der Wulwii (1595 Meter) u. a. Jmponirend ist indessen die Gestalt
des Ouszor, der schon von Siebenbürgen aus gleich einer mächtigen Säule über alle seine
Collegen hervorragt. Seiner glücklichen Situation wegen verdunkelt er bei Weitem selbst
den Dzumaleu, welchen man, weil mächtige Berge ihn umstehen, erst aus der Gegend von
Pojana Stampi wahrzunehmen vermag. Wer schließlich der Ouszorspitze einen kurzen
Besuch macht, der von Dorna aus innerhalb vier Stunden ausgeführt werden kann, der
wird den beschwerlichen Aufstieg theils über, theils zwischen den mannigfaltigsten Felsen-
gruppen gewiß lohnend finden.
Von Dorna und Jakobeny führt eine der herrlichsten Chausseen der Monarchie
aufwärts nach Kirlibaba. Eingeengt durch mächtige Schiefer- und Kalkfelsen, von
welchen einer menschliche Gesichtsformen zeigt, in welchen die Volksphantasie die Züge der
Kaiserin Maria Theresia erkennen will, strömt die Goldene Bistritza am Kosakenwald
und an der Fruntea (1350 Meter) vorbei, in deren Seitenthälern man die traurigen
Zeichen ehemaliger Mißwirthschaft erblickt, nämlich weite Strecken gefällter, faulender
Waldungen. Das Thal der Goldenen Bistritza ist hoch gelegen, denn beim Eintritte aus
Siebenbürgen in die Bukowina liegt ihr Bett dort, wo sie sich mit dem Grenzfluß Cibo
vereinigt, 960 Meter über dem Meere; ihr Gefäll beträgt per Kilometer durchschnittlich
vier Meter. Aus den erzreichen siebenbürgischen Berggegenden wird ihr durch zahlreiche
Zuflüsse häufig Gold zugeführt, das in früheren Jahren von Zigeunern Heransgewaschen
wnrde. Daher rührt ihr sonderbarer Name, der ihr bis auf den heutigen Tag geblieben.
Kirlibaba, das freundliche Dorf und ehemalige Silber- und Bleibergwerk der Bukowina,
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Bukowina, Volume 20
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Bukowina
- Volume
- 20
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1899
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.14 x 21.77 cm
- Pages
- 546
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch