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polnischen Forderungen wurde aber diese Friedensbedingung fallen gelassen. Polen hin-
gegen beschränkte seine Ansprüche nunmehr blos auf die Moldau, zuletzt auf den besetzten
Landestheil, die ganze Bukowina einbegriffen. Doch alle Anstrengungen, die in dieser
Beziehung mit größter Hartnäckigkeit gemacht wurden, scheiterten an der österreichischen
Staatskunst. Die schließliche Annahme der Friedensbedingungen, welche die Räumung
des Landes von den Polen stipulirten, bezeichnet den völkerrechtlichen Verzicht der
letzteren auf die beanspruchte Moldau.
Die Erwerbung Siebenbürgens durch Österreich in diesem Frieden war vorzüglich
geeignet, den habsbnrgischen Einfluß in der Moldau wiederherzustellen und zu befestigen.
Allein der von nun an aufsteigende russische Einfluß durchkreuzte hier die öster-
reichische Politik. Schon in den Karlowitzer Friedensverhandlungen nahm Rußland die
Gelegenheit wahr, als Protector der morgenländischen Christen im osmanischen Reiche
aufzutreten. Es hielt diesen Standpunkt auch in dem mit der Türkei geschlossenen
Separatfrieden aufrecht. Die Wirkung zeigte sich bald im russisch-türkischen Kriege vom
Jahre 1711.
Schon vor Ausbruch des Krieges hatten die Russen im Jahre 1709, als sie anläßlich
des Zuges des Schwedenkönigs Karl XII. nach Rußland die nach der Schlacht von
Pnltawa auf moldauisches Gebiet geflüchteten Schweden angriffen, die Moldau im Ein-
verständniß mit dem Wojwoden Michael Raeovitza zum erstenmale betreten. Sie
brachen durch polnisches Gebiet in die Bukowina ein und schlugen die bis Ezernowitz uud
Umgebung vorgedrungenen Heerhaufen Karls. Als hierauf die Pforte auf Veranlassung
des Schwedenkönigs an Rußland den Krieg erklärte, schloß sich der eben auf den Fürsten-
stuhl gelangte Wojwode Demetr ius Cautemir den Russen an. Am 13. April 1711
wurde zwischen Peter dem Großen und Demetrius Eantemir ein Vertrag geschlossen, durch
welchen der Fürst sich unter russischen Schutz stellte und zur Heeresfolge wider die Türken
verpflichtete. Die Befreiung der Moldau und der anderen Christen vom Türkenjoche
erscheint darin als Ziel der in Angriff zu nehmenden Action. Dem Geschlechte Cantemirs
wird die Moldau in ihren alten Grenzen (die der Türkei einverleibten bessarabischen
Gebiete eingeschlossen) als erbliches Fürstenthum unter russischem Schutz zugesichert,
ausgenommen den Fall, daß der Fürst von der orthodoxen Kirche abfallen oder dem Zaren
untreu werden sollte.
Die Niederlage der Russen am Prnth in der südlichen Moldau nöthigte Cantemir
zur Flucht nach Rußland. Auf ihn folgt die unglücklichste Periode der moldauischen
Geschichte, die der Fanariotenherrschast.
Der Abfall Cantemirs bewog die Pforte, dem Lande weiterhin keine eingeborenen
Wojwoden zu bewilligen. Der Fürstenstuhl wurde nun meist Griechen aus Fauar, einer
Bukowina. 8
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Bukowina, Volume 20
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Bukowina
- Volume
- 20
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1899
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.14 x 21.77 cm
- Pages
- 546
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch