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Namen des Kaiserhofes machte, lautete nicht geradezu ablehnend, und in der Folge zeigte
sie sich so entgegenkommend, daß der Internuntius die Abtretung der Bukowina einzig
und allein auf Grund ihrer ehemaligen Zugehörigkeit zu Pokuzieu fordern konnte. Mitte
März 1775 waren die Verhandlungen schon so weit gediehen, daß die Pforte vorläufig
den Grundsatz anerkannte, Österreich solle so viel moldauisches Land erhalten, als es zur
Herstellung einer angemessenen Verbindung von Siebenbürgen und Galizien brauche.
Anfangs wollte man diese Linie nach Ghika's Vorschlag von Siebenbürgen nach Pokuzien
ziehen, dann aber fand man sich bereit, sie nach dem an Österreich gefallenen Theile
Podoliens zu leiten; nur das Gebiet von Chotin sollte der Türkei verbleiben. Schließlich
kam man überein, daß die neue Grenzlinie durch eine gemischte Commission geregelt
werde, und damit die Commissäre nicht in Streit geriethen, wurden im allgemeinen auch
die Grenzorte schon bestimmt. Diese Vereinbarungen erlangten durch die am 7. Mai 1775
in Constantinopel unterzeichnete Convention ihre volle Rechtskraft. Darin wurde überdies
auch die von österreichischer Seite gegen die Walachei hin gezogene siebenbürgische Grenz-
linie von der Pforte anerkannt.
Kaiser Josef hatte allen Grund, die Nachricht von dem Ausgange der Verhandlungen
freudig zu begrüßen; war er es doch gewesen, der den Gedanken an die Erwerbung der
Bukowina zuerst gefaßt. Er vergaß aber jener Männer nicht, die an der Verwirklichung
dieses Gedankens rastlos mitgearbeitet hatten, des Staatskanzlers Kaunitz und des
Internuntius Thugut. In einem eigenhändigen Schreiben lobte er den „unermüdlichen
Eifer und die so klar als vorsichtig gegebenen Weisungen" des Ersteren, ihn zugleich seiner
„wahren Hochschätzung nnd freundschaftlichen Dankbarkeit" versichernd; Letzterer erhielt
zur Belohnung seiner Verdienste das Commandeurkreuz des St. Stefansordens.
Die Grenzcommisfäre — der Wiener Hof hatte den Feldmarschall-Lieutenant Baron
Vincenz von Barco, die Pforte den Bauwesen-Aufseher Tahir Aga gewählt — begannen
Mitte September 1775 die Verhandlung. Diese nahm anfangs einen so günstigen
Verlauf, daß schon Ende Oetober die ganze Südgrenze sowie die Ostgrenze bis Czernawka
als berichtigt gelten konnte. Dabei waren Österreich sowohl Gebietstheile im Süden von
Kandreny nnd Stnlpikany als auch erhebliche Strecken Landes zwischen dem Snczawa-
nnd dem Serethslnsse wider die in der Abtretungsconvention getroffene Vereinbarung
zugesprochen worden. Die weitere Grenzabsteckung aber stieß auf fast unüberwindliche
Schwierigkeiten. Während nämlich Barco infolge allerhöchster Weisung die Forderung
stellte, daß die Grenze von Czernawka an den Dniestr längs des Bnkowiner Waldes nach
Preworodek gezogen werde, war Tahir Aga beauftragt, auch nicht eine Handbreit von
dein Chotiuer Territorium abzutreten. Die Uneinigkeit der Commissäre wurde durch
moldauische und russische Einstreuungen noch genährt. So kam es, daß Tahir Aga bald
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Bukowina, Volume 20
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Bukowina
- Volume
- 20
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1899
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.14 x 21.77 cm
- Pages
- 546
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch