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und auf milde Gaben angewiesen war. Unter diesen Umständen konnte von einer
entsprechenden Vorbildung der Geistlichkeit oder einer ersprießlichen Seelsorge keine Rede
sein, ein Übelstand, welcher umso empfindlicher war, als selbst für die Heranbildung
zu höheren kirchlichen Würden, abgesehen von einer Privatanstalt im Kloster Pntna, im
ganzen Lande keine einzige Schule bestand. Auch die Klöster konnten zu diesen Zwecken
nichts beitragen, weil sie trotz ihres ansehnlichen Grundbesitzes, bei dem Mangel einer
geregelten Wirthschaft und einer genügenden Controle und da sie nicht dem Diöeesanbischose,
sondern direet der entfernten Jassyer Metropolie unterstanden, über keine Mittel
verfügten, im Gegentheile sogar verschuldet waren und ans ihrem Grundbesitze nicht mehr
Einkünfte zogen, als eben zur nothdürftigen Erhaltung der Mönche ausreichte. Demgemäß
bot die Bukowiuer Kirche zur Zeit der Einverleibung ein durchaus unbefriedigendes Bild;
glücklicherweise bewirkte jedoch die österreichische Herrschaft in diesen Verhältnissen einen
raschen Wandel.
Schon der damalige Bischof Dosithen Chereskul (Fereskul) war zu der Überzeugung
gelangt, daß die Bewirthschaftung der Güter und die mit derselben verbundenen weltlichen
Geschäfte den Regnlarclerns seinem eigentlichen Berufe immer mehr entfremdeten. Nach
reiflicher Überlegung erbot er sich daher die Güter des Bisthnms gegen einen jährlichen
Susteutationsbetrag von 8000 Gulden für sich und seine Nachfolger dem kaiserlichen Hofe
abzutreten; doch verstand der Bischof, wie aus dem von dem Administrator der neuen
Provinz, Generalmajor Freiherrn von Enzenberg, am 29. Oetober 1782 in rumänischer
Sprache erlassenen Bescheide erhellt, unter „Abtretung" lediglich die Überlassung der
Benützung dieser Güter an den kaiserlichen Hof auf unbestimmte Zeit, da er sich für
den Fall, als der kaiserliche Hof diese Güter nicht weiter benützen wollte, den Rückfall
derselben an das Bisthum ausdrücklich vorbehielt. Auch der kaiserliche Hof dachte keineswegs
an eine Erwerbung der Substanz, sondern beabsichtigte blos, die ausgedehnten Besitzungen
des Bisthums und der Klöster einer besseren Bewirthschaftung zuzuführen und den hiednrch
erzielten Ertrag zur moralischen und intellektuellen Hebung der griechisch-orientalischen
Kirche zu verwenden. Demgemäß wurde dem Bischöfe eröffnet, daß zufolge Allerhöchster
Entschließung die bischöflichen Güter mit Anfang April 1783 in die kaiserliche Verwaltung
überzugehen hätten. Hiebet wurde, um alle weiteren Befürchtungen des Bischofs zu zerstreuen,
in dem an Enzenberg gerichteten Erlasse des Hofkriegsrathes vom 19. März 1783 noch
ausdrücklich hervorgehoben, „daß die Güter des Bisthums oder der Klöster und sonstigen
frommen Institute durch Übernahme in die öffentliche Verwaltung ihrer Bestimmung nicht
entfremdet werden, sondern im Gegentheile nur bezweckt wird, dieselben für diese
Bestimmung umso fruchtbringender zu machen." Dem Bischöfe wurde ein Jahresgehalt
von 6000 Gulden ausgesetzt, worauf am 11. April 1783 die förmliche Übergabe der
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Bukowina, Volume 20
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Bukowina
- Volume
- 20
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1899
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.14 x 21.77 cm
- Pages
- 546
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch