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Zugwinde befestigt ist (luceaker), mit der im Zimmer der Stern während des Singens
vor den Heiligenbildern geschwungen wird. Die Herodes-Sänger sind nichts anderes, als
eine sehr primitive, melodramatische, herumwandernde Schauspielergesellschaft, von denen
einer den König Herodes, drei die drei morgenländischen Könige, einer den Hohepriester
und der letzte einen sehr alten Greis, der den Stern trägt, vorstellen, weshalb sie auch dem
entsprechend costümirt sind. Sie streifen durch vierzehn Tage, vom 25. December bis
6. oder 7. Januar a. St. herum und führen das Stück in den Häusern besser gestellter
Leute des Dorfes auf.
Am Abende vor dem neuen Jahre bilden sich an jedem Orte mehrere Gruppen von
Kindern und Jünglingen, die mit dem Pfluge (arat, pluA, pluFusor, dukai) von
Haus zu Haus herumgehen, vor den Fenstern ein die Landwirthschaft vom Anbau
des Getreides bis zum Auftischen des Brotes feierndes Lied singen und den Hausherrn
zum besten Erfolge während des neuen Jahres beglückwünschen. Einer hält ein Faß vor.
welches an einem Ende mit gespanntem Leder geschlossen ist; durch dieses Leder geht ein
Roßhaarbüschel hindurch, an welchem ein Zweiter zieht, dadurch das Leder zum Schwingen
bringt und so das Gebrüll ackernder Ochsen nachahmt. Zwei oder mehrere von den anderen
Burschen knallen mit den Peitschen. Auf die Worte des Vorsängers: .inenatl lielori oder
menati mal" antworten die Übrigen „käl! IiÄi!" An diesem Abende spielen die kleinen
Kinder mit Nüssen und naschen Lebkuchen (turtä ckulee) und Obst; der Hausherr zählt seine
Barschaft und gibt den Kindern Münzen zum Spielen; die Mädchen gießen unter
Anleitung der Mutter oder einer anderen alten Frau geschmolzenes Blei in eine große
mit Wasser gefüllte Schüssel; oder sie befestigen Wachskerzen in ausgehölte Nußschalen
und lassen dieselben auf dem Wasser in einer Schüssel schwimmen und suchen aus den
Figuren des Bleies und den Bewegungen der Kerzen die Zukunft zu erforschen; oder sie
gehen in den Viehhof (tarc, oec>1), binden sich beim Eintritte in denselben die Augen zu,
zählen an der Umzäunung von einem beliebigen Pflocke (par) angefangen bis neun, und
dieser neunte Pflock stellt je nach Höhe und Dicke, nach der Berindnng und der größeren
oder kleineren Menge von Knoten, die er hat, den hohen oder kleinen, den reicheren
oder ärmeren, den moralisch und körperlich bemakelten oder unbemakelten Zukünftigen
vor. Der erfahrenste Mann im Hause fertigt sich einen Witterungskalender für das
ganze Jahr an, indem er eine Zwiebel nimmt, sie in zwei gleiche Hälften theilt und
daraus zwölf gleiche Blattschalen sucht, die er mit gleichen Mengen Küchensalz füllt und
dann in der Reihe der zwölf Monate von Osten nach Westen auf den Hausherd stellt. Je
nachdem das Salz in den Blattschalen ganz oder theilweise, oben, unten oder in der Mitte
über Nacht zerflossen ist oder nicht, wird auch der betreffende Monat ganz oder theilweise,
am Anfange, gegen Ende oder in der Mitte regnerisch oder trocken sein. Auch glaubt man,
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Bukowina, Volume 20
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Bukowina
- Volume
- 20
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1899
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.14 x 21.77 cm
- Pages
- 546
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch