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Finden die rnthenischen Kinder im Felde eine Schnecke, so recitiren sie folgende
Verse, um dieselbe aus ihrem Gehäuse zu locken:
„Schneckchen, Paulchen, streck' heraus die Hörner,
Ich gebe dir einen Kreuzer für Mehltaschen;
Dir zwei, mir zwei, wir theilen uns in sie beide."
Bursch und Mädchen (parudok, änvks). Der Knabe ist zum Burschen, das
Mägdelein zum Mädchen herangewachsen. Jetzt müssen sie die Eltern bei solchen Arbeiten
unterstützen, welche schon größere Kräfte und gereisteres Wissen und Können erfordern. Doch
welch' prächtige Gestalten findest du unter ihnen beim Spiel und am Tanzboden! Das
Auge ergötzt sich an ihren bnntsärbigen Trachten. Der Bauernbursche aus dem unteren
Czeremoszthale schmückt sich im Sommer das Haupt mit dem hohen Hute aus Stroh-
geflecht, verziert mit schönen Pfauen- und Hahnenfedern, umgürtet von Bändern und
„(Zioräan^ (Perlenstreifen), im Winter mit der Pelzmütze (kue?ma, s?apka, Icapuca).
Über das weitfaltige Hemd hat er den buntbenähten Brustpelz (keptar), sowie deu
„3ei-<Zak" (einen Mantel aus Schafwolle, welcher gewöhnlich schwarz, in den Dörfern
Millie nnd Zamostie aber weiß ist) angethan; die Hose aus schneeweißem Linnen (im
Winter aus weißem, schwarzem oder rothem grobem Schafwolltuche, genannt kaexi),
sowie hohe Stiefel (e^obotx) oder Schnürstiefletten (csereweki), im Sommer Sandalen
(postotx), vervollständigen seine Tracht. Auch einen breiten Ledergürtel, welcher mit
Messingknöpfen verziert ist, trägt der Bauernbursche um die Taille.^ Dieselben Kleidungs-
stücke werden, von kleinen Differenzen in Schnitt und Verzierung abgesehen, auch in
der Pruth- und Dniestrgegend gebraucht, mit Ausnahme des Hutes welcher hier niedrig,
mit rundem Boden und auch aus schwarzem Tuche verfertigt wird. Das Mädchen kleidet
sich in ein schneeweißes, bis an die Knöchel reichendes Hemd, welches auf der Brust oder
an den Hemdärmeln mit bunter Wolle in schönen Mustern benäht ist. Darüber kommt
ein ebenfalls buntbenähter Brustpelz, welcher je nach der Gegend theils länger, theils
kürzer ist. Den Kops des mitunter sehr schönen Naturkindes schmückt das mit Bändern
dnrchslochtene lange Haupthaar, welches am Pruth und Dniestr überdies mit einem
höheren oder niedrigeren Kopfputze (kocia) bedeckt wird. Hals und Brust ziert eine
reiche Fülle von Glasperlen, Korallen und Münzen (genannt salba oder den
Unterleib umhüllt das aus schwarzer Schafwolle verfertigte Unterkleid (kordotka), bei
feierlichen Veranlassungen ein blaurothes Wollkleid (lota, rikla), wobei an beiden Hüften
der Länge nach zusammengefaltete färbige Tüchel hängen. Die Fußbekleidung bilden lederne
Schuhe oder Stiefel ans schwarzem, rothem oder gelbem Leder. Bei kalter Witterung
kommt selbstverständlich über den Brustpelz ein serckak oder ein langer Schafpelz anch bei
' Im Rotzmaner Bezirke ist der färbige Wollgürtel gebräuchlich.
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Bukowina, Volume 20
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Bukowina
- Volume
- 20
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1899
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.14 x 21.77 cm
- Pages
- 546
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch