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Am vierten Tage, welcher den sonderbaren Namen „Lachfröhlichkeit" (smiMv)
führt und gegenwärtig nur noch sehr selten gefeiert wird, besucht das junge Paar mit den
Verwandten des Mannes die Eltern der jungen Frau; hier wird gegessen und getrunken
und findet die Hochzeitsfeierlichkeit endlich ihren Abschluß.
M a n n und Weib. Mann (e?oio>vilc, muä) und Weib (Sinka, Aa?6xmn) tragen
nach ihrer Vereinigung eine viel einfachere Tracht als während des ledigen Standes. Das
Weib bedeckt von nun an den Kopf mit einem schneeweißen Handtuch (ruc^n^k oder
peremitka), unter welchem ein Wergballen (tcsrpa genannt) eine Erhöhung bildet. In:
Hause trägt es wohl auch ein färbiges Tuch um den Kopf, oder, wie in einigen
Gemeinden des Kotzmauer Bezirkes, einen rothen Fez.
Sein Los ist kein besonders beneidenswerthes. Durch die drei Schläge auf den
Rücken, welche die Braut vom Bräutigam beim Verlassen ihres Heims erhielt, hat der Mann
bereits deren untergeordnete Stellung durch das ganze Eheleben angedeutet. ^ Ja, im
Czeremoszgebiete bezeichnet bisweilen, wenn auch sehr selten, der Mann seine Frau nicht
mit ihrem Namen, sondern mit — „diese" oder — „die zum Haus-
gesinde gehörige". Ruft hier der Bauer sein Weib an, so hängt er an den Vornamen der-
selben ein ,nin" an, wie man wohl Thiere anzurufen pflegt. Ja selbst der Tänzer ruft
sein Mädchen bisweilen mit einem Pfiff zum Tanze herbei. Stirbt ein rnthenisches Weib,
so meldet der Gatte diesen Vorfall dem Priester hie und da mit den Worten: „Mir ist die
zum Hausgesinde gehörige umgestanden." So hat sich leider seit Jahrtausenden die
niedrige sklavische Stellung des Weibes beim rnthenischen Landvolke erhalten, worauf auch
das Sprichwort hindeutet: „Langes Haar, kurzer Verstand" oder: „Höher ist die Pelzmütze
(Knesing,) als die „ksrpa" (Wergballen)." Doch gilt das Gesagte nicht von der ganzen
rnthenischen Bevölkerung.
Das Weib scheint nie auf den Gedanken einer Trennung der Ehe zu verfallen; der
Mann schafft sich mitunter selbst „Recht", jagt wohl auch, wenn ihm sein Weib gar unnütz
erscheint, dasselbe davon. Stellt es sich in der Folge heraus, daß die Frau nichts verschuldet
habe, so verhängt der Dorfrichter über den Mann die Arreststrafe. Hat sich ein Mann gar
an seinem Weibe vergriffen und dasselbe mißhandelt, so zahlt er ihm ein Schweig- und
Schmerzensgeld, damit es ihn nicht „verklage". Treulose Frauen werden in der Regel sofort
gezüchtigt, und ihrem Verführer lauert (picksläa^e) der beleidigte Mann mit seinen Freunden
unter einem Zaune so oft auf, bis sie auch ihn oft in schrecklicher Weise bestraft haben.
Die Wirthschaft wird von beiden Ehegatten gemeinsam geführt. In der ersten Zeit,
solange das Ehepaar im Hause der Eltern des Mannes wohnt, ist die Stellung des letzteren
' Hierauf deutet sogar zu grell das ruthenische Sprichwort: „Das nicht geprügelte Weib gleicht einer nicht geschärften
Sense." (Xinka kosä nektspana.)
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Bukowina, Volume 20
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Bukowina
- Volume
- 20
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1899
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.14 x 21.77 cm
- Pages
- 546
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch