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die Flöhe sich vermehren müßten; oder auch die Bohne, weil dies das Anschwellen der
Halsdrüsen (Halsentzündung) nach sich ziehe.
Neujahrsfest (novvej rik ^1. Jänner a. St., 13. Jänner n. St.^). Am Vorabende
dieses Festes haben in manchen Gegenden nur die Dorfknaben das Recht, singend durch
das Dorf zu ziehen. Ihr Lied lautet:
„Eine Schwalbe kam geflogen,
Setzte sich am Fensterbogen;
Dort begann sie so zu singen:
Wirth, steh' auf, sieh' nach den Dingen.
Wirth, steh' auf, sieh' nach dem Stalle,
Schon gekalbt haben die Kühe,
Lauter Öchslein ohne Mühe,
Öchslein alle goldbehörnt,
Diesem Wirth zu seinem Heil! Auch geworfen haben die Stuten,
Lauter Pserdchen brachten sie,
Pferdchen auf der Stirn gefleckt,
Diesem Wirth zu seinem Heil!
Und die Schafe warfen Lämmer,
Widder sind es insgesammt,
Lauter Widder krummgehörnt.
Diesem Wirth zu seinem Heil!"
In der Nacht vor Neujahr schlafen nur wenige Dorfbewohner. Da bringen die
umherziehenden Knaben selbstverfertigte Lose (keredci), das ist Figuren, welche eine Kirche,
ein Kreuz, die Sonne, das Glück, das Grab, den Greis, den Burschen, das Mädchen ?c.
darstellen und lassen die Hausbewohner einen dieser Gegenstände ziehen, woraus sie dann
die Zukunft jedes Einzelnen bestimmen. Um Mitternacht öffnet sich der Himmel, um diese
Zeit sprechen auch die Hausthiere eine dem Menschen verständliche Sprache; doch muß, wer
dieselbe hört, bald sterben. Auch brennen in dieser Nacht die Schätze, welche in der Erde
verborgen sind. Am Neujahrsmorgen kommen Glückwünschende in die Häuser, bewerfen
die Bewohner derselben mit Weizen und recitiren folgenden Segensspruch:
„Säe Dich, wachse Korn lind Weizen
Und jegliches Thierfntter;
Du Hanf bis zum Boden, Du Hemd bis zur Erde,
Du Flachs bis an die Knie,
Auch möge Euch der Kopf nie schmerzen."
In der Dniestrgegend schreien die Dorfknaben am Vorabende des Neujahrsfestes
unter den Fenstern folgenden Glückwunsch aus:
„Hej, hej! Deine Ochsen, meine Ochsen.
Hej, hej! Dein Pflug, mein Pflug,
Hej, hej! Wie viele im Zaune Pflöcke, so viele
(mögen gedeihen) dem Wirthe Ochsen. Hej, hej! Wie viele im Siebe Löcher, so viele
(mögen gedeihen) dem Wirthe Schase.
Hej, hej! Wie viele in der Sitzbank Stützen, so
viele (mögen gedeihen) dem Wirthe am
Backofen Büblein."
Am Neujahrstage darf man weder zanken, noch Jemandem Geld borgen, denn dies
müßte man dann nach der Volksmeinung das ganze Jahr hindurch thun. Auch wird das
Wasser, womit an diesem Tage das Geschirr gewaschen wird, in einer Flasche aufbewahrt
und werden damit die Bienenschwärme besprengt, welche entfliehen wollen.
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Bukowina, Volume 20
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Bukowina
- Volume
- 20
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1899
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.14 x 21.77 cm
- Pages
- 546
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch