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und Silberdraht durchzogenem Gewebe angefertigt sind, ihr Bestes geleistet; nicht zu vergessen
sind die mit Metall und Horn eingelegten und mit schönen Ornamenten versehenen Geh-
stöcke, deren es drei verschiedene Formen gibt. Vom Mantel bis zum Pfeifenstierer des
Mauues und der Spiunwirtel des Weibes legt jedes Stück Zeugniß ab von der
Geschicklichkeit dieses Völkchens und seiner Freude an Schmuck und Zier. Der Händler
liefert den Huzulen nur verhältnißmäßig wenig für ihren Hausrath und ihre Kleidung.
Ermöglicht wird diesen Gebirgsbewohnern die zeitraubende Herstellung ihrer Bedarfs-
gegenstände durch den Umstand, daß sie verhältnißmäßig über sehr viele freie Zeit verfügen.
Besonders die häusliche Thätigkeit der Frauen ist eine geringfügige. Da der Garten- und
Feldbau ein sehr beschränkter ist und die innere Hausarbeit, insbesondere das Kochen,
ebenfalls nicht viel Zeit in Anspruch nimmt, die Viehzucht aber zum großen Theile
Beschäftigung des Mannes ist, so erübrigt dem Weibe sehr viele Zeit für hausindustrielle
Arbeiten; nur zur Zeit der Heumahd sind alle Hände vollauf beschäftigt. Auch die Männer
liefern mannigfaltige Erzeugnisse des häuslichen Fleißes; sie sind Kürschner, Weber,
Metallarbeiter, Bötticher, überaus gewandte Schnitzer und dergleichen. In früherer Zeit
warf auch die Jagd und Fischerei manchen Verdienst ab; gegenwärtig gehört zu ihren
lohnendsten Arbeiten die Beschäftigung in den Holzschlägen und das Holzflößen, in dem
die Huzulen Meister sind. Vor allem aber sind die Huzulen Viehzüchter. Die Herden
bilden den wichtigsten Bestandtheil ihres Besitzes. Nach der Anzahl der Rinder, Pferde
und Schafe, ferner der Ziegen und Schweine schätzen sie ihr Vermögen; auf die
Ausdehnung des Grundbesitzes wird dagegen weniger Rücksicht genommen, weil derselbe
von verhältnißmäßig gerin'gem Werthe ist. So wurde zur Zeit, da die Gemeindeausschüsse
die Steuerbeträge an die einzelnen Insassen vertheilten, die Höhe derselben nicht nach dem
Grundbesitze, sondern nach dem Viehstand bemessen. Wer wenig oder gar kein Vieh hat, ist
arm. Aus dem jährlicheuZuwachs an Viehstücken wird gewöhnlich nur derjenige Theil verkauft,
zu dessen Ernährung die zur Verfügung stehenden Wiesen und Weiden nicht hinreichen.
Im Sommer des Jahres 1895 geschah es, daß ein Huzule auf der Alme Jarowitza bei
Szipot Kamerale an der Suczawa sich das Leben nahm, weil er nicht genügendes Futter
für sein Vieh hatte. Fürwahr ein bezeichnendes Selbstmordmotiv für einen Huzulen! Mit
Hinsicht auf den Charakter der Huzulen als Viehzüchter ist es erklärlich, weshalb in ihren
sprichwörtlichen Redensarten mit Vorliebe der Hausthiere Erwähnung geschieht. Eine
derartige Redensart haben wir schon oben kennen gelernt. Hier mögen noch einige andere
angeführt werden. Um anzudeuten, daß die Handlungsweise eines Menschen dem von ihm
vorausgesetzten Charakter entspricht, heißt es: „Wie der Stier gewohnt ist, so brüllt er."
Unser Sprichwort „Leben und leben lassen" umschreibt der Huzule folgendermaßen:
„Sowohl die Ziege ist ganz, als auch der Wolf nicht hungrig." Um auszudrücken, daß
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Bukowina, Volume 20
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Bukowina
- Volume
- 20
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1899
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.14 x 21.77 cm
- Pages
- 546
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch