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Die Lippowaner der Bukowina sind seit jeher in zwei religiöse Lager getheilt. Die
eine Partei ist priesterlos, da sie behauptet, daß das wahre Priesterthum auf Erden nicht
mehr bestehe. Sie heißt daher „be^popo^vscina*, ist die extremere, aber an Zahl die
geringere, etwa nur 400 Seelen zählende Partei. Die Bezpopowzy bewohnen einen Theil
von Klimontz nnd Mechindra (bei Lukawetz), woselbst ihre von der anderen Partei
genannten Kirchen von Kirchensängern, welchen sie aber den pomphafteren
Namen .nusta^mki", das ist Vorsteher, beilegen, geleitet werden.
Die priesterliche ,pc»pc>^vscinu" genannte 2400 Seelen zählende Partei besitzt im
Centrum ihrer Niederlassung Biata-Krinitza oder kÄiMna-albü eine Kirche, ein Mönchs-
und ein Nonnenkloster und in den Dörfern Sokolintze oder Mitoknl-Lippoweny, heute
Lippoweuy, Lukawetz und Klimontz je eine Pfarrkirche. Diese Partei wird heute von ihrem
Oberhirten Athanasie Makurow geleitet, welcher sich den volltönenden Titel: „Erzbischos
von Biata-Krinitza und Metropolit aller altgläubigen Lippowaner" beilegt. Diesem zur
Seite steht ein mit bischöflicher Weihe versehener .nomestmk«, das ist Stellvertreter in
der Person eines gewissen Alimpie, welcher aber in Tnlczea in Rumänien residirt.
In den letzten Jahren sind etwa 200 Bezpopowzy ans Klimoutz zum griechisch-
orientalischen Glauben übergetreten. Daselbst haben sie eine kleine Kirche und einen aus
ihrer Mitte entnommenen Seelsorger.
Die Lippowaner haben von der Gnade Seiner Majestät unseres Allergnädigsteu
Kaisers und Herrn vielseitige Privilegien erhalten, darunter, daß ihre wehrpflichtigen
Söhne nur zur Sauitätstruppe asseutirt werden. Übrigens entziehen sie sich gerne jedem
Militärdienste, angeblich weil derselbe mit ihren religiösen Grundsätzen im Widerspruche
steht, was sie aber nicht hindert, vom Wildschützenhandwerk auf Kosten der Wild-
eigenthümer recht fleißig Gebrauch zu machen.
Die Lippowaner sind von hohem, kräftigem Wüchse mit hellblonden, meist schönen,
sehr oft aber blatterspurigeu Gesichtern. Diese Verunstaltung ihres Antlitzes haben sie
ihrem Widerwillen gegen die Kuhpockenimpfung zu verdanken. Ihre Angen sind gewöhnlich
blau oder grau, die Nase proportivuirt, der Mund mittelgroß, die Zähne gesund und weiß,
die Kopf- und Barthaare blond.
Sie kleiden sich gerne in bnntfärbige Stoffe. Ihre Hemden sind zumeist roth oder
bunt, wenn aber weiß, so am Kragen, an den Rändern der Ärmel und am unteren Saume
roth eingefaßt und schließen immer an der linken Schulter. Der Schlitz der Hemden der
Lippowaner Weiber und Mädchen aber öffnet sich vorne an der Brust. Das Hemd wird von
den Männern über die Hose getragen und mittelst eines buntfärbigen engen Wollgürtels
um den Körper gebunden. Die weiten, dunkelfärbigen Beinkleider werden in den hohen
Stiefelröhren getragen.
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Bukowina, Volume 20
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Bukowina
- Volume
- 20
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1899
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.14 x 21.77 cm
- Pages
- 546
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch