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Freundschaftlicher gestaltete sich das gegenseitige Verhältniß beider Staaten, als
Wladislaw II. Jagielto auf dem polnischen Königsstuhle saß. Durch die Fortschritte der
Türken erschreckt, leistete diesem Könige der Wojwode Peter II. (I.) am 26. September 1387
in feierlicher Weise den Lehenseid. Um Peter, der sich mit einer Schwester des Königs
vermählte, fester an Polen zu fesseln, verpfändete oder verlieh Wtadislaw demselben anch
das Gebiet zwischen Pruth und Duiestr. Hiemit war der Anfall dieses Landstriches
an die Bukowina vorbereitet, der auch um die Mitte des XV. Jahrhundertes erfolgte.
Damals wurde als Grenze gegen «sniatyn der Bach Kotoczyna bestimmt, was dem
gegenwärtigen Verlanfe der westlichen Grenze zwischen Pruth und Dniestr entspricht.
In jenen Zeiten erscheint die nördliche Bukowina unter dem Namen Szepin, offenbar so
genannt nach seinem Hauptorte, dem heutigen Szipeuitz, das zufolge neuer prähistorischer
Forschungen eine uralte Ansiedelung war und auch in den ersten zwei Jahrhunderten der
moldanischen Herrschast nicht ohne Bedeutung gewesen zu sein scheint. Bezeichnend ist
es, daß der Fürst Peter der Lahme, als er im Jahre 1579 diesen Ort zum Marktplatz
für den Handelsverkehr mit den Leinberger Kaufleuten bestimmte, ausdrücklich bemerkt,
daß dies schon in früherer Zeit ebenso gewesen sei. Erwähnenswert ist es auch, daß im
Jahre 1519 für diese nördlichen Gebiete der Moldau ein ganz merkwürdiges Gerichts-
verfahren zwischen dem Fürsten Stefan VI. (V.) und den Polen vereinbart wurde. Da
nämlich im Grenzgebiete nicht nur über Diebstähle von Vieh und dergleichen, sondern auch
wegen Frauenraubes häufig Klagen geführt worden waren, so wurde ein aus Moldauern
und Polen zusammengesetztes Gericht eingesetzt, welches über die an den Grenzen
vorkommenden Verbrechen zu urtheilen hatte. Die Gerichtstage sollten bald dies- bald
jenseits der Grenze stattfinden.
Mit dem Anfalle von Szepin war für die Moldan auch der Gewinn des von der
Burg am Cecina beherrschten Gebietes südlich vom Pruth verbunden. Die Gebiete am
Czeremosz blieben aber bis gegen Ende des XV. Jahrhunderts im Besitze der Polen. Erst
in Folge der furchtbaren Niederlage, welche König Johann Albrecht auf dem Zuge nach
der Bukowina (1497) erlitt, an den noch heute der von den Polen bei Lenkoutz am nörd-
lichen Prnthufer aufgeworfene Ringwall erinnert, traten (1499) die Polen die Gebiete
von Russisch-Kimpolung (Dolhopole am Czeremosz), Pntilla, Rostoki, Wiznitz, ebenso
Jspas, Millie, Willautz, Karapcziu, Zamostie, Woloka bei Stauestie und Waszkontz
am Czeremosz an die Moldau ab, und erst durch diese Erwerbungen hat die Moldau,
und mit ihr die Bukowina, ihre gegenwärtige Westgrenze südlich vom Pruth erreicht. Daß
die Sage an diesen Feldzug auch die Pflanzung jener Buchenwälder knüpft, nach denen
die Bukowina ihren Namen führt, ist schon mitgetheilt worden; der Name Bukowina für
diese Buchenwälder kommt urkundlich schon im Jahre 1392 vor.
so»
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Bukowina, Volume 20
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Bukowina
- Volume
- 20
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1899
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.14 x 21.77 cm
- Pages
- 546
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch