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An den linksuferigen Wänden der Starogorske-Stjene weiter ziehend, sieht man
fern über dem Drina-Defile die Häupter in der Reihe der serbischen Grenzwächter: die
kleine und große Gostilja, den Janjac, die Vlasinita-Glava und dann den zweifach'gegipfelten
Großen Stolac. Seine der Drina zugewandten breiten Hänge erheben sich immer wieder
zu neuen Spitzen, bis endlich der Stolofac, den Eckpfeiler bildend, in glatten halbkreis-
förmigen Wänden ganz zur Drina niedersteigt. Diese umklammernd wendet sich nun die
Drina in einem rechten Winkel gegen Ost; die linken Ufer drängen sich plötzlich auch in
jähen Formen heran, den Fluß bis zu einer Breite von 10 bis 12 Meter zusammenpressend,
und in tosenden Wirbeln jagen die Wasser durch die Engen. Das ist der berüchtigte
Slap, der grimmigste Feind der Flößer und bei hohem Wasserstande ganz uupassirbar.
Umgekehrt ist der einige Kilometer westlich liegende Pripecki Slap mit seinen haushoch
aus dem Wasserspiegel ragenden Riffen und dem starken Fall bei niedrigem Wasserstande
der Schiffer Verderben. So verlangt eine Floßfahrt auf der Drina zu jeder Jahreszeit
geschickte Schiffer, und doch ist das nicht ungefährliche Floß bisher das einzige Mittel,
um die Drina in all ihren Verstecken aufzusuchen, denn vom Slap abwärts werden ihre
Ufer vollständig ungangbar.
Der Eindruck des Bildes wird noch durch die wilde Hepa verstärkt, die grünglitzernd
in einer finsteren Felsenrinne aus dem Bärengebiete des Podzeplje vom linken Ufer herab-
kommt. Hoch über die wasserfallähnliche Zepamünduug schwingt sich der steinerne Spitz-
bogen einer alten türkischen Brücke, die, von Grün umrankt, die auseinandergerissenen
Uferwände abermals verbindet. Man sagt, daß der Gehilfe jenes Meisters, der die Vise-
grader Brücke gebaut, sich erdreistet habe, diesen Bau auszuführen. Als die Brücke dann
sieghaft dastand, hieb der Meister, von eifersüchtigem Neid gepackt, dem Gehilfen die
Arme ab.
Der schmale Felspfad gleitet vom First auf die Brücke nieder und führt dann steil
aufwärts, direct hinein in die Javor-Plauina, durch die der kürzeste Weg nach Srebrenica
führt. Über Berg und Thal, über Gipfel von mehr als 1500 Meter Höhe, wie der Zep,
dessen Hängen die Zepa entspringt, wogt hier das Waldesmeer. Da ist die kalte, wasser-
reiche Stndena Gora mit ihren endlosen Hochplateaux und das zerrissene Zepagebiet, in
denen man Schwarzkiefer bis zu 50 Meter Höhe und 120 Centimeter Durchmesser in
Brusthöhe findet. Ein unermeßliches Jagdrevier mit Bären, Wildschweinen und Auer-
wild. — In der Javor-Planina muß man sich lange Stunden durch das Dickicht
kämpfen, ehe man wieder auf einen armseligen Weiler mohammedanischer Waldbauern
stößt. Es sind steinige, von Wurzeln überwachsene schlüpfrige Fährten, oft durch die
vom Sturm gefällten Stämme verlegt. Auf den seltenen Waldwiesen trifft man noch
seltener weidendes Vieh, aber allerorts die kreuz und quer laufenden Spuren wilder Thiere.
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Bosnien und Herzegowina, Volume 22
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Bosnien und Herzegowina
- Volume
- 22
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1901
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.34 x 22.94 cm
- Pages
- 536
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch