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Zerstörungswerke, das sie vollbrachten. Während im benachbarten Paunonien Gothen,
Avaren nnd Hunnen wenn auch noch so spärliche Reste einer eigenen Cultur hinterließen,
wurden bisher in Bosnien keinerlei Denkmäler aus jener Zeit nachgewiesen. Das römische
Dalmatien, wenigstens soweit es sich auf das Binnenland erstreckte, unterlag bereits dem
ersten Anpralle der Gothen, welche alle blühenden römischen Städte und Ansiedlungen
zerstörten. Stolac, Gradac bei Posnsje, Domavia und viele andere wurden dem Erdboden
gleichgemacht, so daß dem Zerstörungstrieb der nachfolgenden Barbaren kaum etwas zu
thun übrig blieb. Die von ihren Bewohnern verlassenen Stätten blieben für ewige Zeiten
verödet. Erst durch die Einwanderung der Slaven kam insoserne ein cultnrelles Element in
das Laud, als diese vom verödeten Boden Besitz nahmen und sich als Ackerbauer und
Viehzüchter ansiedelten. Seit diesem Zeitpunkte fließen der archäologischen Forschuug wohl
unzureichende, aber dennoch das Dunkel des Mittelalters theilweise erhellende Quellen zu.
Obwohl in ben Küstenstrichen das romanische oder besser das romanisirte Element
weiterlebte, war der römischen Cultur in Bosnien wie mit einem Schlage der Boden
entzogen. Die Ursache dieser Erscheinung wird hauptsächlich in den verschiedenartigen
Besiedlungsformen zu suchen sein. Während die latinische Kolonisation eine centralisirende
war und zu einer ausgedehnten Städteverfassung führte, zerstreuten sich die slavischen
Ansiedler über das ganze Gebiet in isolirte Gehöfte und verschmähten jenes Band der
Nachbarlichkeit und Geselligkeit, welches zu einer volklichen und culturelleu Interessen-
gemeinschaft führt. Derartige Verhältnisse ließen ein gedeihliches Aufkommen künstlerischer
und industrieller Bestrebungen gar nicht zu und erklären auch den nahezu gänzlichen
Mangel von Denkmälern, namentlich aber von Bauwerken des frühen Mittelalters.
Eine rühmliche Ausnahme bildet hier nur die kirchliche Architektur. Das Christenthum
beschränkte sich ursprünglich auf die einstigen Mittelpunkte der römischen Kolonisation und
schuf dort eine Anzahl von Bauwerken, die auf den Ruinen der alten Städte erneuert
wurden und als einziges Zeugniß künstlerischer Thätigkeit im bosnischen Mittelalter gelten
können. Alle frühchristlichen, in Bosnien bisher bekanntgewordenen Kirchenruinen befinden
sich aus römischen Ruinenfeldern, so die Kapellen in Vidostak bei Stolac, in Borasi
am Trebizat und die Basiliken in Gornje Tnrbe bei Travuik, in Zenica nnd in
Dabravina bei Visoko.
Ihrer Anlage nach repräsentiren diese Basiliken eine eigenthümliche locale Um-
gestaltung der italischen Basilikenform, indem sich an diese außer der Vorhalle uoch eine
Anzahl von Nebenrüumlichkeiteu anschließt, deren ursprüngliche Bestimmung zum Theile
uoch nicht genügend erklärt ist. Die interessanteste unter den drei genannten ist die Basilika
von Zenica, welche die Gestalt einer Doppelbasilika mit parallelen Schiffen und gemeinsamem
Narthex hat und deren beide Apsiden durch eine dritte Apsis verbunden waren.
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Bosnien und Herzegowina, Volume 22
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Bosnien und Herzegowina
- Volume
- 22
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1901
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.34 x 22.94 cm
- Pages
- 536
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch