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keinerlei Andeutung, daß die Schöpfer der riesigen Mvnvlithen den Tvd als ein für das
Menschenleben betrübendes Ereigniß fürchteten, ja einzelnen kurzen Epigrammen liegt
sogar der Gedanke zu Grunde, daß der Tod als Erlösung, als die Pforte zu einem
besseren, lichtvolleren Leben aufzufassen sei.
Ihrem Inhalte nach sind die Bognmilengräber noch nicht systematisch erforscht
worden. Was darüber bekannt wurde, beschränkt sich auf flüchtige Angaben von Schatz-
gräbern, die vor der Occupatio« rücksichtslos wühlten und suchten, und auf einige gelegent-
lich vorgenommene Ausgrabungen. Einzelne Schatzgräber fanden in solchen Gräbern
Brocatsragmente, mit Edelsteinen besetzte Ringe und Schmucksachen. Allein diese Funde
gingen theils durch die Habsucht, theils durch den Unverstand der Entdecker verloren.
Unter den Funden, die für das Landesmuseum in Sarajewo aeqnirirt werden konnten,
sind vor allem Zopfringe in der Form derjenigen aus der ersten Periode der slavischen
Besiedlung, welche in ununterbrochener Continuität dieselben Urformen weiter ausbilden.
Außerdem kommen Knöpfe in Filigran- und in getriebener Arbeit vor, endlich Fragmente
von Rüstungen, Pfeil- und Speerdorne und Schwerter. Letztere sind wohl die inter-
essantesten Funde dieser Periode und gleichen in der Gestalt jenen Schwertern, welche
auf den Seulpturen der Denkmäler so häufig dargestellt sind. Es sind lange, zweischneidige
Geradschwerter mit kreuzförmigem Griffe.
Ihrer Zahl nach sind diese Funde im Vergleiche zu denen anderer Perioden gering-
fügig. Beigaben sind in slavischen Gräbern überhaupt selten, und wo sie vorhanden sind,
dürfte ihr Vorkommen mehr dem Zufalle als einer Absicht zu verdanken sein.
So fremdartig uns alles an diesen Denkmälern erscheint, so fremdartig ist auch der
Charakter der Schriftzeichen, die darauf zur Anwendung kamen, und es bedurfte einiger
Zeit, bis es gelang, sie vollkommen zu entziffern. Die größte Schwierigkeit bestand darin,
daß die Schriftzeichen nicht nach einem feststehenden Canon entworfen und vom Stein-
metzen eingehauen wurden. Man Pflegte sie nur flüchtig aufzuzeichnen und überließ es dann
dem des Schreibens vielleicht unkundigen Steinmetzen, sie in dem spröden Stein zu vertiefen.
Dadurch entstand eine große Mannigfaltigkeit in der Gestaltung der einzelnen Schrift-
zeichen, die das Entziffern sehr erschwert.
Diese Schrift, für die man die Bezeichnung „Bosancica" in Anwendung gebracht hat,
ist ebenso wie die Cyrilliea aus dem griechischen Alphabete entstanden, wobei man für
Laute, die dem Griechischen fremd waren, neue Zeichen erfand. Hat sonach die Bosancica
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Bosnien und Herzegowina, Volume 22
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Bosnien und Herzegowina
- Volume
- 22
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1901
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.34 x 22.94 cm
- Pages
- 536
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch