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beziehungsweise zur Unabhängigkeit der Serben und zur exceptionellen Sonderentwicklnng
Bosniens führte.
Die geschichtliche Entwicklung der Balkanhalbinsel vom Beginn bis zur Mitte
des XIX. Jahrhunderts kann in drei Perioden getheilt werden: in diejenige,
welche durch die serbische Erhebung, die französische Occupatio» in Dalmatien und
das Auftreten Ali Tepelenlis gekennzeichnet ist und bis zun? Unabhängigkeitskriege
Griechenlands dauert; ferner in die vom Jahre 1821 bis zum Hattischerif von Gülhane
im Jahre 1839, welche erfüllt ist von der Reaction gegen die Reformen der
Centralregierung in Constantinopel, endlich in die Zeit von 1839 bis zum großen
Aufstande 1850.
Am Ende des vorigen Jahrhunderts krachte es in allen Fugen des ottomanischen
Staatsgebäudes; es schien eine allgemeine Agonie hereinbrechen zu wollen, die sich in einer
zitternden Unruhe aller Provinzen des Reiches verkündete. Nicht christliche, sondern
mohammedanische Elemente waren es, welche, die allgemeine Schwäche benützend, sich
zu Lenkern der Geschicke emporhoben. An der Donaulinie sehen wir den berühmten
Pasvan Oglu auftreten, zwar mehr in der Eigenschaft eines Bandenhäuptlings,
eines mohammedanischen Eondottiere, aber doch mit Erfolgen, die, wenn er auch
später unterlag, den Boden aufwühlten nnd die eingeleitete Bewegung nicht mehr zur
Ruhe kommen ließen.
In der südwestlichen Hälfte der Balkanhalbinsel, in den albanesischen Gauen, wo
sich seit dem Jahre 1750 das Geschlecht der Busatli's in Skutari stillschweigend die
Erbberechtigung ertrotzt-hatte, wühlten Kara Mahmud Pascha und dann dessen Neffe
Mnstapha fortwährend gegen die Autorität des Sultans; im Süden schwang sich zur
leitenden Rolle Ali Pascha von Tepelen auf; in Serbien wurde das Ansehen des
Sultans durch die Janitscharen, speciell durch deu berüchtigten Deli Ahmed beinahe
gänzlich vernichtet. Es war eine natürliche Folge dieses Zustandes, daß das christliche
Element mehr als je zur Geltung kam.
Die dunklen Ahnungen von des siegreichen Rußlands Größe, von dem Reich-
thum der dortigen Klöster, von der Allgewalt des Czaren drangen mit lebhaft
ausgemalten Einzelheiten zur orthodoxen Rajah; und die Bewohner Montenegros, die
schon seit der Mitte des vorigen Jahrhunderts in directen Beziehungen zn Petersburg
gestanden und in den fortwährenden Bergkriegen Dank der Ohnmacht der Paschas und
den Streitigkeiten der Arnanten-Hänptlinge sich zn behaupten gewußt, boten nun dem
russischen Einflüsse eine Basis dar. Nicht, daß die russische Politik diese Balkaureguugeu
überschätzt Hütte; aber die Gleichheit der Religion war es, welche die russische Politik
dazu drängte, sich jener Elemente anzunehmen.
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Bosnien und Herzegowina, Volume 22
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Bosnien und Herzegowina
- Volume
- 22
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1901
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.34 x 22.94 cm
- Pages
- 536
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch