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mit der Tamburica, nicht besteht, doch bei Liedern, deren Charakter dem entspricht, den Halb-
schluß zugeben. Die Erklärung dieser Erscheinung, welche auf den Fremden den Eindruck von
nnabgeschlossenen Melodien macht, verursacht keine Schwierigkeit. Sie läßt sich, nach
meiner Ansicht, auf mehrfache Art erklären. Schwieriger ist die Entscheidung, welche von
ihnen die richtigere ist. Ich selbst kenne ihrer drei. Vielleicht ist diese Form eine Kreuzung
der dorischen Tonleiter mit unserer harmonischen Mnsik, wie dies die angeführte Passage
der Varianten bestätigen würde. Oder es hat sich dieser Abschluß aus dem Streben entwickelt,
welches wir bei vielen südslavischen und russischen Melodien beobachten können, den vor-
letzten Ton zu dehnen und den letzten kaum hörbar und kurz, gewissermaßen auszuathmen.
Bei solchen Liedern ist der letzte Ton ^ s 5
— t — auf geringe
Entfernungen nicht mehr zu hören. Vielleicht ist er also bei einigen Liedern schon ganz
verkümmert.
Es ist dies umso eher möglich, als bei vielen Liedern, bei denen ein Vers beim
Singen wiederholt wird, die letzte Silbe nicht gesungen wird, wie beim folgenden Beispiele
aus Stari Majdan:
mett/si'ato.
(H, l^srs, Iis inoi'u volare, Ach, Lazar, Führer am Meere,
jesi I' kogs prevoeio? Wo hast du jemand überführt?
isinoö Ka8nc> kitens svstove, sit<Z,). Gestern spät nachts einen schmucken
Hochzeitszng, su. s, w.Z
Schließlich ist auch folgende Deutung möglich: die südslavischen Lieder legen über-
haupt das Hauptgewicht auf den Inhalt des Textes. Weil dann jede Verszeile auch zugleich
eine Strophe bildet (so viele Verszeilen das Lied enthält, so oft wiederholt sich die
Melodie), würden diese Lieder als ein Ganzes den Eindruck der Zersplitterung ausüben.
Dem sucht nun das Volk durch verschiedene Mittel, die ich hier wegen Raummangels nicht
alle anführen kann, abzuhelfen. Durch dieses Streben geleitet, gelangte vielleicht das Volk
zum Gebrauche des Halbschlusses, wodurch nun der Sänger auf alle Fälle, sei es wissentlich
oder unwissentlich, das Lied zn einem Ganzen verbindet.
Über das Verhältniß zwischen Text und Melodie fassen wir uns kurz. Was
den musikalischen Ausdruck anbelangt, der den poetischen Inhalt des Gedichtes unterstützen
soll, müssen wir gestehen, daß man diesen Grad noch nicht erreicht hat. Wenigstens auf
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Bosnien und Herzegowina, Volume 22
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Bosnien und Herzegowina
- Volume
- 22
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1901
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.34 x 22.94 cm
- Pages
- 536
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch